Premiere in der Brotfabrik Ich und das Leid der Welt

Bonn · „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“: Das Junge Ensemble Marabu überzeugt mit seiner Inszenierung in der Brotfabrik. Die umjubelte Premiere stimmt nachdenklich.

 Viel Freud, aber auch viel Leid: Szene aus der Marabu-Inszenierung.

Viel Freud, aber auch viel Leid: Szene aus der Marabu-Inszenierung.

Foto: Ursula Kaufmann

Es ist das Sinnbild einer jungen Generation, die sich zwischen Schuldgefühlen und Gleichgültigkeit befindet. Eine Generation, die sich zu unbedarftem Konsum hinreißen lässt. Eine Generation, die um die Welt reist und ihren Wohlstand in vollen Zügen genießt, im nächsten Moment jedoch innehält angesichts der prekären Umstände, die das Leben so vieler Menschen in der Dritten Welt bestimmen. Freud und Leid lagen nah beieinander bei der Bonner Premiere von Gerhard Meisters Stück „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“.

Unter der Leitung von Tina Jücker und Claus Overkamp inszenierte das Junge Ensemble Marabu in der Brotfabrik die widersprüchlichen Gefühlsausbrüche all jener Menschen, die sich dem Ungleichgewicht bewusst sind, von dem diese Welt dominiert wird. Glitzernde Kostüme und schrilles Make-up prägen die Aufführung, die von der großartigen Leistung der jungen Schauspieler lebt.

Verzweiflung blitzt aus ihren Augen, als sie über die Ungerechtigkeit der Gesellschaft diskutieren, über sterbende Kinder in Afrika, über widrige Arbeitsbedingungen und Dumpinglöhne. Doch das Unglück der Anderen rückt in den Hintergrund, sobald der eigene Komfort zu sehr beeinträchtigt wird. „Wieso muss immer ich helfen?“, fragt eine der namenlosen Figuren und stemmt die Hände in die Hüften. „Wieso spende nur ich Geld? Kann das nicht jemand von euch übernehmen?“

Die ungleiche Gruppe verstrickt sich in hitzige Diskussionen, springt auf die Tische, hüpft kreuz und quer über die Bühne. Es müsse doch möglich sein, etwas an dieser Welt zu ändern.

Doch sobald die Gedanken zu ernst, zu belastend werden, muss die Thematik gewechselt werden – die eigene Zufriedenheit wiegt eben mehr als das abstrakte Leiden auf weit entfernten Kontinenten. Tina Jücker und Claus Overkamp haben ein Schauspiel inszeniert, das sich in die Absurdität steigert und zeitweilig an eine Reizüberflutung grenzt, in der die inneren Konflikte der Protagonisten (unter anderem: Sarah Braun, Leandra Hoffmann, Joshua Koch, Paula Veenema) unterzugehen drohen.

Dennoch: Die umjubelte Premiere stimmt nachdenklich und kritisiert das kollektive Wegschauen der Gesellschaft völlig zu Recht. Vielleicht kann die Weltkugel im Hals irgendwann kleiner werden.

Die nächsten Aufführungen in der Brotfabrik in Beuel: 14. September, 17., 24. und 25. Oktober. Karten gibt es unter: (0228) 43 39 759 oder (0228) 43 35 807. Ab 14 Jahren.

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