"Ich habe wirklich Glück"
Sylvia Agnes Muc spielt im Kleinen Theater Bad Godesberg
Bad Godesberg. Immer wieder wandert der Blick in den Garderobenspiegel, über die rechte Schulter hinweg. Prüfend und interessiert, wie und vor allem ob die Worte zwischen Mascara und Rouge auch ankommen. "Wir können uns unterhalten, während ich mich schminke", hatte Sylvia Agnes Muc angeboten. Warum nicht. Schließlich geht das nicht nur schneller, sondern es ist auch viel authentischer.
Es ist kurz nach 18 Uhr. In zwei Stunden ist das ehemalige "Unter Uns"-Gesicht auf der Bühne des Kleinen Theaters Bad Godesberg zu sehen, und es sollen noch Fotos gemacht werden.
Für jemanden, der sieben Jahre lang, von 1994 bis 2001, Tag für Tag für die RTL-Serie vor der Kamera gestanden hat, kein besonderer Stressfaktor.
Und doch ist diesmal alles ganz anders. Anstelle der Figur der Laura Böhme füllt die 29-jährige Blondine in der Kloster-Komödie "Drei plus eins gleich Halleluja" von Florian Battermann die Rolle der Julia mit Leben - und gibt damit ihr Theaterdebüt.
Höchstpersönlich vom Bischof eingesetzt, soll die "006-Top-Agentin" nach einem vorgetäuschten Autounfall Pater Ambrosius und die Brüder Eusebius und Tarzisius auf die "Enthaltsamkeitsprobe" stellen. Die himmlischen Stellvertreter beschäftigen derweil ganz andere Dinge: Der ehrgeizige Bischof will die Abtei, die unter akutem Novizenmangel leidet, in ein modernes Sporthotel umbauen lassen.
"Halleluja", würde Sylvia Agnes Muc jetzt sagen, wenn sie`s vorher nicht schon getan hätte. Ausgestiegen aus der RTL-Serie, um anderen Angeboten wie "Dr. Stephan Frank", "Medicopter 117", "Für alle Fälle Stephanie" oder "Um Himmels Willen" Platz zu geben und sich schauspielerisch weiterzuentwickeln, ist Bad Godesberg für sie genau die richtige Station.
"Ich will klein aufbauen. Auf einer größeren Bühne wäre ich mit Sicherheit nervöser", findet sie. Zudem habe sie einen "Traum von erfahrenen Kollegen" angetroffen, denen immer wieder Sachen einfielen, um an den Rollen zu feilen. "Ich habe wirklich Glück." Dass unter anderem darin bestand, nicht nirgendwo in der Fernsehversenkung zu verschwinden, sondern 2001 auf dem Bonner Presseball dem gleichaltrigen Florian Battermann über den Weg zu laufen. "Mich zu engagieren, war schon sehr mutig von ihm."
Auch wenn die Nachfragen in Richtung "Soap", in der auch ihr Ex-Freund Wayne Carpendale mit von der Partie war, schon "nerven": "Das ist hier in Deutschland nicht wie in Amerika, wo die Serien auch angesehen sind." Dafür kann Sylvia Agnes Muc Kurse an der Lee Strassberg School New York und dem Hollywood Acting Workshop in Los Angeles vorweisen.
Aber machen das nicht viele Serien-Aussteiger? "Natürlich macht sich das gut im Lebenslauf. Außerdem war ich zu dem Zeitpunkt noch nie in Amerika gewesen und wollte auch in der Originalsprache lernen. Hollywood ist der Ursprung. Das muss man gemacht haben."
Obwohl es sie eigentlich nach Frankreich zieht - so wie Romy Schneider. "Frankreich - das ist Qualität. Ein Beispiel dafür ist die Trilogie ,Weiß-Blau-Rot` des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieslowski. Den Stil der Amerikaner mag ich, was die Actionfilme angeht, nicht so sehr." Und Romy Schneider? "Ich finde sie toll. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass alle Mädchen die Sissi-Filme mochten. Aber ich habe auch viel über sie gelesen, und Paris ist eine tolle Stadt."
Ihr Theater-Rüstzeug hat sich Sylvia Agnes Muc, die mit sieben Jahren als polnisches Spätaussiedlerkind mit ihren Eltern und der Großmutter nach Aachen kam, nach und nach am Kleinen Theater erarbeitet. "Ich habe zwei Mal, bei ,Oh diese Frauen` und ,Ein Ehemann zur Ansicht`, hospitiert.
Ich habe souffliert und an der Seite der Regieassistentin Erfahrungen gesammelt." An der Schauspielerei reizt sie vor allem "die Herausforderung, in andere Charaktere zu schlüpfen". Weswegen sie letztlich auch dem nach dem Abitur begonnenen Studium der Wirtschaftsgeographie, Stadtbauwesen und VWL eine Absage erteilte.
"Ich habe felsenfest gedacht, dass ich beides schaffe, Studium und die Schauspielerei." Ein versiebtes Matheseminar und ihre erste Rolle in der ZDF-Serie "Aber ehrlich!" belehrten sie eines Besseren. "Ich bin ein sehr ambitionierter Mensch und kann keine halben Sachen machen." Deswegen will sie jetzt auch Stimmunterricht nehmen und geht im Juli/August mit ihrem Freund nach Damaskus, um intensiv Englisch zu lernen.