Malerin und Dichterin aus Bonn Hilla Jablonsky (90) über ihr erfülltes Leben als Künstlerin

Bonn · Es sind wenige Momente, in denen die Malerin und Dichterin Hilla Jablonsky lacht. Wenn sie von ihrer Kunst spricht, ist sie ernst und konzentriert. Und erzählt sie aus ihrem Leben, geht das nicht, ohne dass sie über Kunst redet. Jetzt lacht sie - wegen der Reporterfrage, ob sie nicht mal an Ruhestand denke. Tut sie nicht. Natürlich nicht.

 Hilla Jablonsky liest am Montag im Haus der Theatergemeinde aus ihren Gedichten.

Hilla Jablonsky liest am Montag im Haus der Theatergemeinde aus ihren Gedichten.

Foto: Schneider-Barthold

Hilla Jablonsky ist 90 Jahre alt. Seit Jahrzehnten hat sie einen klingenden Namen in der Bonner Kulturszene. Geboren wurde sie als Hilla Schotten 1922 in Dudweiler an der Saar. "Sie ist eine Drei-Tage-Saarländerin", stellt ihr Ehemann, der ehemalige Marineoffizier Walter Jablonsky klar.

Aufgewachsen ist sie an der Nordsee in Schleswig-Holstein. "Sie müssen verstehen, dass ein Künstler keine Wahl hat. Ich gehe den Weg, den mein inneres Gesetz mir vorgibt", erklärt Jablonsky in ihrem Haus in Sankt Augustin energisch. Sie nennt es das "Müssen" des Künstlers. Um Hilla Jablonsky verstehen zu können, muss man dieses Müssen begreifen. "Bei Leuten, die das nicht verstehen, wird man leicht als Störenfried angesehen", sagt sie.

Jablonsky ist vier Jahre alt, als sie mit dem Malen beginnt. Sie entstammt einem großbürgerlichen, kultivierten Elternhaus. Sie hat Zugang zu Literatur und Musik. Doch für ihre Eltern hat immer die Pflicht Vorrang. "Was machst du für Spinnereien?" wird sie gefragt, wenn sie stundenlang auf Papier und in Tagebücher kritzelt.

Die 90-Jährige wählt ihre Worte sorgsam, schleift sie, bis sie passen. Doch nicht alles lässt sich in Sprache fassen. Erzählt sie von der Zeit des Zweiten Weltkriegs, in der sie ihren ersten Ehemann verliert, bricht sie begonnene Sätze ab. Bilder, die sie nur schemenhaft umschreibt, lassen erahnen, welche Spuren der Krieg bei ihr hinterlassen hat. "Darüber zu reden, macht keinen Sinn. Wer würde verstehen, was ich zu sagen habe?"

Als die Bomben fallen, wohnt sie in Bremen. Erstmals trägt sie hier ein paar ihrer Gedichte vor, in einem Kreis von Frauen von Marineangehörigen und Künstlern. Für ihre Gemälde hat sie in dieser Zeit nur Wasserfarben, die im Winter auf dem Blatt gefrieren.

Nach dem Krieg will Jablonsky an die Kunsthochschule. Doch die wenigen Plätze sind den heimkehrenden Männern vorbehalten. "Du wirst nie mehr sein als dein Mann", wird der jungen Frau erklärt. "Künstler setzen sich selbst die Maßstäbe", sagt sie, auch wenn das bedeute, ständig sich selbst zu kritisieren, am eigenen Tun zu zweifeln, daran zu leiden.

Mitte der 60er Jahre stellt sie ihre Gemälde erstmals in einer Galerie aus. Zahllose Ausstellungen in Deutschland und im Ausland sowie Veröffentlichungen ihrer Gedichte folgen. Zufriedenheit oder Glück habe sich durch den Erfolg nie eingestellt, sagt sie. Im Gegenteil, mit den Jahren habe sich die Bereitschaft zu leiden sogar verstärkt, verrät ihr Ehemann.

Hatte sie ein erfülltes Leben? Noch einmal lacht Jablonsky auf. Wieder so eine Frage, die sie nicht verstehen will: Die Künstlerin blickt nicht zurück. "Ich bin ja noch nicht tot. Ich lebe. Das Müssen, zeigt mir das immer wieder. Mein Herz will nicht mehr so wie früher, aber das weiß mein Müssen nicht. Mein Leben ist eine wunderbare Geschichte."

Jablonsky liest am Montag ab 19 Uhr im Haus der Theatergemeinde, Bonner Talweg 10, aus ihrem Gedichtband "Herzlinien". Eintritt frei.

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