Am Puls der Avantgarde Helmuth Macke im Macke Haus

Bonn · Das August Macke Haus in Bonn zeigt Werke von Helmuth Macke und Zeitgenossen. Der Besucher begegnet einer offenbar schwierigen Künstlerpersönlichkeit, hochtalentiert und voller Selbstzweifel.

 Alexej von Jawlensky: Blaue Berge (Landschaft mit gelbem Schornstein), 1912 (Museum Wiesbaden).

Alexej von Jawlensky: Blaue Berge (Landschaft mit gelbem Schornstein), 1912 (Museum Wiesbaden).

Foto: Bernd Fickert

Am 26. April 1910 schreibt August Macke an den Berliner Industriellen und Kunstsammler Bernhard Koehler: „In der Kunst ist er frisch wie eine junge Blume. Ich sage es dir, ich habe es immer gesagt: Aus dem wird was. Besser, du kaufst ihm eine Studie ab für 50 Mark, als daß Du einen Manet, der auch einmal einer der jüngsten war, jetzt für 100.000 Mark kaufst. Du kannst die Studie ja auf den Speicher stellen. Ich sage Dir, der Helmuth ist unter den jungen Malern eine der bedeutendsten malerischen Intelligenzen.“

Der so gelobte Helmuth, von dem hier die Rede ist und für den August Macke sich in die Bresche wirft, ist sein vier Jahre jüngerer Vetter, brüderlicher Freund und Künstlerkollege. Helmuth Macke, 1891 in Krefeld geboren und 1936 bei einem Bootsunfall während eines Sturms auf dem Bodensee ertrunken, gehörte zur Avantgarde der jungen Bewegung der Expressionisten, wurde von den Kollegen hoch geschätzt und stand doch zu Lebzeiten und auch nach seinem Tod im Schatten des berühmten Vetters August.

Rehabilitationsprogramm

Die Ausstellung „Helmuth Macke im Dialog mit seinen expressionistischen Künstlerfreunden“ im August Macke Haus gehört deshalb zu einem notwendigen und auch überfälligen Rehabilitationsprogramm für Helmuth Macke. Eine aufschlussreiche und atmosphärische dichte Schau ist es geworden, mit viel Raum für Helmuth Macke, aber auch für seine Künstlerkollegen, die durch ihre Arbeiten den sichtbaren Kontext liefern. Die Ausstellung, die durch fünf deutsche Museen tourte und jetzt in Bonn ihre letzte Station erreicht hat, wurde kuratiert von Ina Ewers-Schultz, die auch den exzellenten Katalog herausgegeben hat.

Helmuth Macke, der mit 15 Jahren die Schule verlässt, um in die Krefelder Kunstgewerbeschule einzutreten, wird entscheidend geprägt von seinem Lehrer Johan Thorn Prikker. Im Vergleich zu den verkrusteten Strukturen an den Kunstakademien geht es in Krefeld progressiv und weltoffen zu. Mit der Moderne im geistigen Gepäck reist Helmuth Macke 1909 an den Tegernsee, wo sein frisch verheirateter Vetter August mit Frau Elisabeth wohnt.

Hier beginnt das in weiten Teilen rastlose Leben des jungen Malers, der sich am Puls der expressionistischen Avantgarde befindet und den viele Hoffnungen auf neue künstlerische Impulse umtreiben. Macke lernt Franz Marc kennen, ebenso Alexej von Jawlensky, Gabriele Münter und Wassily Kandinsky, er wird Mitglied der Münchner Künstlervereinigung und erlebt die Entstehung des Blauen Reiter.

Seine Wege

Seine Wege führen ihn nach Berlin, wo er in den Kreis der Künstlergruppe „Brücke“ eintaucht. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als Soldat verwundet wird, fällt es Helmuth Macke schwer, ins bürgerliche Leben zurück zu kehren. Er ist von Selbstzweifeln geplagt, hat Existenzsorgen, und der Verlust seiner besten Freunde Franz Marc und August Macke belastet ihn. Ab Ende 1919 hält sich Macke länger und häufig in Bonn auf und trifft neben Elisabeth Erdmann-Macke im Haus seines gefallenen Vetters – am Ort des heutigen August Macke Hauses – alte Freunde und Weggefährten.

Es entstehen wunderbare Porträts, Stillleben und rheinische Landschaften. Macke wird Mitglied der 1919 in Düsseldorf gegründeten Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“. Vor dem Nationalsozialismus, den er schon früh beklagt, zieht sich Macke mit seiner Frau zu Beginn der 1930er Jahre an den Bodensee zurück. Viele seiner Werke werden als „Entartete Kunst“ von den Nazis beschlagnahmt. Ein großer Teil seines Lebenswerkes wird bei einem Bombenangriff auf Krefeld 1943 zerstört.

Die Würdigung und Neuentdeckung von Helmuth Macke in der Ausstellung gelingt dennoch mühelos. Am Ende eines Rundgangs durch die Ausstellung bleibt der starke Eindruck, nicht nur einer offenbar schwierigen Künstlerpersönlichkeit begegnet zu sein, hochtalentiert und voller Selbstzweifel. Auch der im Ausstellungstitel beschworene Dialog von Helmuth Macke mit seinen expressionistischen Künstlerfreunden wird durch die Hängung der Bilder, die viele Bezüge anbietet, höchst anschaulich sichtbar.

Museum August Macke Haus, Hochstadenring 36, bis 17. Juni. Di, Mi, Fr-So 11-17, Do 13-21 Uhr, Katalog, Wienand Verlag , 25 Euro. „Das besondere Gespräch“: Am 26. April spricht Til Macke ab 19.30 Uhr mit der Kuratorin der Ausstellung und dem Bearbeiter des Werkverzeichnisses von Helmuth Macke.

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