Heine-Quartett gastiert im Schumannhaus
Zerklüftete Klanglandschaft - Werke von Reimann, Schumann und Beethoven
Bonn. "Wie eine Maschine, deren Mechanismus zerbrochen ist", empfand ein Beobachter den Zustand des geistig und körperlich rapide verfallenden Robert Schumann kurz vor dessen Tod.
In der Nervenheilanstalt in Endenich, dem heutigen Schumannhaus, verfasste Schumann unter anderem einfache Harmonisierungen der Choräle "Wenn mein Stündlein vorhanden ist" und "Stärk uns Mittler, dein sind wir". 2006 schrieb Aribert Reimann darüber ein "Adagio" für Streichquartett, das jetzt im ersten der Hauskonzerte des Beethoven Orchesters im Schumannhaus aufgeführt wurde.
Reimann lässt seine Fantasie mit den Schumannschen Chorälen anheben. Am Ort ihres Entstehens gespielt, wirkte das seltsam surreal. Danach geistern Fetzen der beiden cantus firmi durch eine expressionistisch zerklüftete Klanglandschaft. Reimanns Musik zeigt einen von seiner inneren Klangwelt bedrohten Komponisten, der sich an den ehrwürdigen Choral wie an einen Rettungsanker klammert.
Das Heine-Quartett spielte kraftvoll, ausdrucksstark und zeigte eine reiche Palette an Klangfarben. In Schumanns Quartett a-Moll bestach der Sinn für musikalischen Fluss, für organische Formgestaltung, für Spannungsverläufe. Im ersten Satz hätte man sich allerdings noch mehr klangliche Süße gewünscht.
Im Scherzo gelang der Kontrast zwischen geisterhaft flackernder Motivik und dem poetischen Intermezzo bestechend, im Adagio hörte man vom Cellisten eine wunderbare Kantilene. Beethovens a-Moll-Quartett op. 132 schließlich erfuhr eine sehr bewegende und engagierte Interpretation, wenngleich hinsichtlich Präzision und Intonation nicht alles gelang.
Trotzdem öffnete die Wiedergabe die Ohren für die atemberaubende Ausdrucksweite zwischen rhapsodischer Form, jenseitigem Choral und kontrapunktischer Dichte.