Politisches Kabarett Heftiger Applaus für Thomas Freitag im Haus der Springmaus

Bonn · Kabarettist Thomas Freitag zückt im Haus der Springmaus die Waffen des politischen Kabaretts und liefert ein kurioses Finale.

 Thomas Freitag FOTO: P. VLASMAN

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Der Deutsche bevorzugt die Ampel, weil sie ihm sagt, was er zu tun hat. Trotzdem: Die Zukunft ist nicht rot-gelb-grün, sondern ein Kreis. 20 000 verkehrsregulierende Rondelle hat der EU-Beamte Peter Rübenbauer bereits einrichten lassen. Europaweit. Gelegentlich lässt er sich bei einer Einweihung blicken, etwa in der bayerischen Leberkäs-Hochburg Brunshausen, wo man auch an die Kunst gedacht hat: Im Kreisel thront ein vier Meter hoher Leberkäs.

Im Moment hat Rübenbauer freilich andere Sorgen. Vorhang auf, man vernimmt die „Ode an die Freude“, dann einen harten Crash. Autounfall im Kreisverkehr. Aus dem Bühnennebel steigt der Bürokrat Rübenbauer und fragt sich, ob er schon tot sei. Man wird die Antwort nicht erfahren, aber viel, vielleicht sogar alles über Europa.

In seinem Solo „Europa – der Kreisverkehr und ein Todesfall“ zieht der wackere Bühnenarbeiter Thomas Freitag (67) im Haus der Springmaus alle Register eines langen Kabarettistenlebens. Er war Mitglied am Düsseldorfer Kom(m)ödchen und Stammgast im TV-„Scheibenwischer“. Seit 1976 steht er als Solist auf Bühnen.

Freitag zückt die Waffen des politischen Kabaretts, entlarvt Europa als Verbund egoistischer Nationalisten, die erst beitreten und dann mit Austritt drohen. Die frommen Polen verweigern den Kreisverkehr – und bestehen aus religiösen Gründen weiterhin auf Kreuzungen. Die findigen Griechen fordern Geld von den Deutschen zurück für „40 Jahre Ouzo aufs Haus“. Klar, die Brüsseler Bürokratie lässt oftmals Konsequenz vermissen, wenn sie etwa artgerechte Spiele im Schweinestall fordert und sich dann wundert, dass die Schweine vor der Fahrt ins Schlachthaus noch ihre Schachpartie zu Ende spielen wollen.

Doch es darf nicht nur gelacht werden. Rübenbauers Briefwechsel mit dem afrikanischen Patenkind interpretiert deutsche Entwicklungspolitik weitestgehend humorfrei. Thomas Freitag spielt Gott, der zugibt, sich selbst erfunden zu haben. Dann trinkt er sich nicht Mut, sondern Wut an, ein explosives Elixier. Und holt aus zu einer furiosen Kritik am Kapitalismus, dem er mit Oscar Wilde den Spiegel vorhält: „Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allen Dingen den Preis kennt und von keinem den Wert weiß“.

Kurioses Finale: Das Publikum spendet heftigen Applaus, fordert eine Zugabe, doch der Künstler dankt charmant ab – und begibt sich an einen Tisch im Foyer, um seine DVD zu signieren. Und niemand hat ein Problem damit.

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