Gerd Dudenhöffer im Pantheon Höhepunkte aus 30 Jahren

Bonn · Parolen aus der Vergangenheit: Gerd Dudenhöffer lässt im Pantheon 30 Jahre als Heinz Becker Revue passieren. Mit Erfolg.

 Mit Mütze: Gerd Dudenhöffer als Heinz Becker.

Mit Mütze: Gerd Dudenhöffer als Heinz Becker.

Foto: Thomas Kölsch

Eigentlich ist das alles nur Stammtischgeschwätz, was der Becker-Heinz da von sich gibt. Muss man nicht ernst nehmen. Sollte man aber. Denn die von Rassismus, Sexismus und Unkenntnis durchtränkten Parolen, die der wohl berühmteste Batschkappträger der Republik von sich gibt, sind zwar zum Teil schon 30 Jahre alt, aber deswegen nicht weniger brisant.

Sie sind Ausdruck eines Unbehagens in der biederen Bürgerlichkeit der ewig Gestrigen, die vom Zeitgeist überrollt und dem Wunsch nach Beständigkeit beherrscht wird. „Ich bin bestimmt vieles, aber ganz sicher nicht tolerant“, sagt Becker jetzt im Pantheon stellvertretend für diese. Mag sein. Aber er ist zumindest derjenige, der den Menschen ganz genau in den Kopf und aufs Maul schaut und dabei so manche radikale Gesinnung entlarvt. Gerd Dudenhöffer, der Mann hinter Heinz Becker, hat für sein aktuelles Programm „Deja Vu“ die Höhepunkte der vergangenen drei Jahrzehnte herausgekramt, sie auf ihre Aktualität überprüft und sie seiner Bühnenfigur in den Mund gelegt. Manches ist bitterböse und tiefschwarz: Da schwadroniert Heinz Becker mal eben in seiner gewohnt lakonischen Art von der Erbschuld der Völker oder freut sich, wenn Homosexuelle mit einer roten Schleife am Revers auf sich aufmerksam machen, um sie so schnell aussondern zu können.

Dass es sich dabei um Gedankengut aus dem Nationalsozialismus handelt, spielt dabei keine Rolle. Und längst nicht alles wird dabei so offen formuliert wie der von Becker zitierte Nachbar, der sich über Hakenkreuz-Schmierereien auf seiner Hauswand nur deshalb ärgert, weil die Schmutzfinken die Symbole falsch aufgesprüht haben.

Natürlich regt Heinz Becker sich auch über Kleinigkeiten auf. Probleme des Alltags, die bei ihm zum Desaster mutieren. Harte Butter im Konflikt mit frischem Mischbrot zum Beispiel oder diese verfluchten Seifenspender, die eher die Hose als die Hände emulsionieren. Herrlich. Und wichtig. Denn diese Szenen verordnen erst die zutiefst gesellschaftskritischen Passagen im Milieu des Jedermanns, geben jenen Gedanken einen Rahmen, die man sonst wirklich nur am Stammtisch oder in der heimischen Küche in Worte fasst.

Und wenn Becker von einem tödlichen Motorradunfall erzählt und sich gleichzeitig über Tomatensoße auf seinem frischen Hemd aufregt, bis sich die beiden Ebenen, die banale und die tragische, nahezu vollständig überlappen, ist das einfach nur brillant.

Das Unsagbare wird einfach unter den Teppich gekehrt – und Heinz Becker ist derjenige, der genau an dieser Stelle nachschaut. Nur sauber machen, das müssen andere.

Weiterer Termin: 22. November, 20 Uhr, im Pantheon. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Geschäftsstellen.

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