Generalintendant Weise verzichtet auf Vertragsverlängerung

Der Abschied geht ihm nahe. Als Klaus Weise am Freitag im Gespräch seine Entscheidung, nicht mit der Stadt Bonn über eine Verlängerung seines Vertrages über 2013 hinaus zu verhandeln, waren ihm Enttäuschung und Erregung deutlich anzumerken.

 Im April 2010 hatte Klaus Weise noch gut Lachen.

Im April 2010 hatte Klaus Weise noch gut Lachen.

Foto: Thilo Beu

Bonn. Der Abschied geht ihm nahe. Als Klaus Weise am Freitag im Gespräch seine Entscheidung, nicht mit der Stadt Bonn über eine Verlängerung seines Vertrages über 2013 hinaus zu verhandeln, waren ihm Enttäuschung und Erregung deutlich anzumerken.

Die Absicht seines Arbeitgebers, der Stadt Bonn, ab 2013 beim Theater 3,5 Millionen Euro jährlich einzusparen, bedeute für ihn eine Grenzüberschreitung, sagte Weise, die er nicht mittragen wolle. "Die Stadt will die 3,5 Millionen. Ob die im Theater zu realisieren sind oder nicht, ist nicht geprüft. Ich sage, nur mit schwersten Verlusten, und dazu stehe ich nicht zur Verfügung."

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Weises Entscheidung"Weise fühlt sich von den Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung im Stich gelassen: "Man verteidigt die Kultur nicht mehr. Auch der Kulturausschuss winkt die 3,5 Millionen durch. Müsste ein Dezernent nicht dafür kämpfen, dass das nicht geht?" Die Reaktion des Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch, der in der kommenden Woche zu einem klärenden Gespräch mit Weise verabredet war, fiel am Freitag nüchtern und knapp aus."Ich bedauere, dass Herr Weise das Gespräch mit mir, das für nächste Woche vereinbart worden war, offenbar nicht mehr wahrnehmen will", ließ Nimptsch mitteilen. Er hatte unter anderem über Sponsoring-Maßnahmen im Theater mit Weise sprechen wollen. "Ich nehme zur Kenntnis, dass Herr Weise dafür nicht zur Verfügung steht."

Weise hingegen, der seit 2003 in Bonn arbeitet, fand viele Worte für seine Entscheidung. "Ich bin nicht sparunwillig, nicht sparunfähig, das habe ich bewiesen in der Vergangenheit. Aber irgendwann ist der Anschlag erreicht." Er habe zuletzt Vorschläge mit einem Einsparpotenzial von knapp 2 Millionen Euro erarbeitet, um Reduzierungen beim Personal zu vermeiden. "Wir haben genug geblutet beim Personal."

Man wolle Kulturstadt sein, Beethovenstadt und lasse stattdessen das Theater bluten. "Dieser Weg ist sehr unproduktiv. Das ist sozusagen die Amputation im Augenblick." Weise weiter: "Wenn das so ist, und wenn das so gewollt ist, dann ohne mich. Natürlich bedauere ich den Schritt, da ich ja auch um Arbeitsplätze kämpfe."

Es mag sein, dass Klaus Weise mit seiner Erklärung am Freitag einer Absage von Seiten der Stadt zuvorgekommen ist. Ihm blies in letzter Zeit der Wind ins Gesicht. Wichtigster Grund war, dass er das von der Politik verordnete Spardiktat von 3,5 Millionen Euro ab 2013 nicht akzeptieren wollte. Weise hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass Oper und Schauspiel bereits von 2000 bis 2010 rund 14 Millionen Euro gespart hätten.

Kulturausschussvorsitzender Heinz-Helmich van Schewick warf am Freitag in einem Gespräch mit dieser Zeitung der Stadt vor, dass sie diese Leistung "überhaupt nicht respektiert" habe. Hätte das Theater ab 2013 3,5 Millionen weniger im Etat, so Weises Prognose, müsste der Chor halbiert werden, man müsste sich von Solisten, Dramaturgen und technischen Leitern verabschieden.

Wegen dieses Szenarios hatte Weise bereits mit seinem Rücktritt gedroht. Aus Sicht der Stadt nachvollziehbar, dass sich mit einem neuen Generalintendanten leichter über Sparmodelle sprechen ließe. Auch die Höhe des Gehalts könnte dann neu verhandelt werden. Als Weise 2003 von Oberhausen nach Bonn wechselte, war die Situation ähnlich. Er hatte Einsparungen akzeptiert, die sein Vorgänger Manfred Beilharz nicht durchzusetzen bereit war.

In der Bonner Kulturkommission - ein von der Stadt einberufenes Expertengremium ohne Mandat - schien man sich bereits innerlich von Weise verabschiedet zu haben. "Zehn Jahre sind genug", befanden am vergangenen Mittwoch einige in der Runde nach Informationen unserer Zeitung. Die Stimmung gegen Weise war dabei offenbar auch von Stimmen aus der Theaterbelegschaft getrübt worden, die den Führungsstil ihres Chefs kritisiert hatten.

Allerdings hatte die Kulturkommission an Nimptsch wohl keine eindeutige Empfehlung gegen Verhandlungen mit Weise ausgesprochen. Die Tür sei noch nicht zu, hieß es am Donnerstag. Die Entscheidung Weises hat natürlich auch Auswirkungen auf die Verhandlungen mit Generalmusikdirektor Stefan Blunier, dessen 2013 auslaufender Vertrag ebenfalls zur Verlängerung ansteht.

In seinem Falle gilt eine Zustimmung der Stadt grundsätzlich als ausgemacht. Für Blunier ist es jetzt spannend, ob mit einer Neubesetzung der Intendanz auch generelle Strukturänderungen vorgenommen werden. Sollte alles bleiben, wie es ist, würde er sich gern mehr auf die Konzerte und Tourneen konzentrieren.

An der Oper müsste dann in musikalischer Oberleiter installiert werden. Blunier hatte zur Finanzierung des Modells bereits Zustimmung für eine entsprechende Gehaltsreduzierung signalisiert. "Das würde der Stadt keine Mehrkosten verursachen", sagte er am Freitag dieser Zeitung.

Diese Gedankenspiele sind aber Makulatur, wenn in den jetzigen Verhandlungen mit Blunier schon die Weichen für die Kompetenzen einer künftigen Generalintendanz gestellt würden. Die bisherige Konstruktion ist nach Ansicht Bluniers "unglücklich". So war ihm die Abhängigkeit von der Oper etwa bei der Planung von Tourneen zu stark: "Das sind zwei Institutionen", sagt er, "da bin ich ein bisschen unter Beschuss geraten." Als Kandidat für die Opernintendanz will sich der Generalmusikdirektor jedoch nicht ins Spiel bringen.

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