Freitag Neueröffnung des Arp Museums durch Kanzlerin

Irrungen, Wirrungen und ein Kürbis in Rolandseck - Pressetermin: Architekt Richard Meier "happy", Museumschef Klaus Gallwitz präsentiert Arp "light"

Freitag Neueröffnung des Arp Museums durch Kanzlerin
Foto: Fischer

Rolandseck. Der Himmel weinte Mittwoch, als Richard Meiers Arp Museum in Rolandseck der Presse vorgestellt wurde, graue Wolken und weiße Architektur eine traurige Allianz eingingen.

Doch drei Herren waren bester Laune: Architekt Meier "very happy", weil nun nach zwei Jahrzehnten Planung und etlichen Hängepartien endlich sein "großes Zelt für Arp" steht; der Museumschef Klaus Gallwitz freute sich am meisten über ein Geschenk, den ein Meter langen Riesenkürbis aus Arps Garten in Locarno, "garantiert original"; und der Kulturstaatssekretär von Rheinland-Pfalz, Joachim Hoffmann-Göttig, wollte sich die Party nicht verhageln lassen.

Vor über 100 Medienvertretern meinte er: "Es gab in der Vergangenheit Irrungen und Wirrungen, ich habe aber die feste Absicht, mich heute mit diesem Thema nicht zu beschäftigen." Kein Wort zu den Vorwürfen der letzten Tage, die vernichtenden Medienberichte über posthume Nachgüsse, undurchsichtige Strukturen unter dem Arp-Dach und die fragwürdige Rolle der Landesregierung.

Es braucht eine Weile, bis man beim Patron des Hauses, Hans Arp, ankommt. Erst ganz am Ende des Parcours öffnet sich im obersten Geschoss des Meier-Baus das "Gewächshaus für Arp", wie Gallwitz meint. Aus konservatorischen Gründen leider ein düsteres Haus. Selbst an einem bedeckten Tag wie Mittwoch waren fast alle Rollos unten - also nichts mit der Meier-typischen Offenheit zur Natur.

Astrid von Asten und Walburga Krupp haben einen anregenden Querschnitt durch das Werk von frühen Aktstudien aus dem Jahr 1907 bis zu einem Holzrelief, das zwei Jahre vor Arps Tod entstand, zusammengestellt. Die Präsentation verfolgt sowohl Arps Tendenz, die über die Beobachtung der Natur zu organischen Formen führt, als auch eine eher geometrisch-konstruktivistische Richtung.

Arps Nähe zu den Surrealisten - dokumentiert durch zwei herrliche Leihgaben aus dem MoMA in New York - ist ebenso Thema wie, leider etwas knapp, der Kontakt zur Dada-Bewegung. Was hier in kleinen Zeichnung gärte, kam Jahrzehnte später zum Ausbruch. Ein Relief wie der "Wolkenpfeil" (1932) aus dem Kunstmuseum Basel lässt die Dynamik und das Verformungspotenzial ovaler Körper geradezu physisch spüren.

Ob in den Zeichnungen, in der Malerei oder den Collagen: Alles drängte bei Arp in den 30er Jahren zur organischen, voluminösen Form, etwa zu den "Menschlichen Konkretionen". Und in dieser eminent wichtigen Phase einerseits und in der dritten Dimension andererseits bekommt die Arp-Schau Schlagseite: Von den acht gezeigten Bronzen ist nur eine zu Lebzeiten des Künstlers gegossen worden, die jüngste 30 Jahren nach Arps Tod.

Dass das von der Witwe Marguerite Arp-Hagenbach autorisiert war, spielt keine Rolle: Welcher Arp-Fan lässt sich durch Nachgüsse nach Rolandseck locken? Und was erfährt der Besucher über Arp - jenseits der 90 Exponate? Herzlich wenig. Einen knappen Quadratmeter misst der Lebenslauf des Patrons an der Wand, jeder Internet-Klick zu "Wikipedia" bringt da mehr. Keine Fotos, keine Dokumente, keine Einbettung in das schillernde Umfeld seiner Zeit.

Ein Künstlermuseum à la Max-Ernst-Museum oder Macke-Haus ist der Rolandsecker Kunstpalast nicht, mithin weit entfernt von einem Arp-Kompetenzzentrum. "Wir hätten spielend noch eine weitere Etage Arp zeigen können", meint die Kuratorin Astrid von Asten fast etwas traurig.

Der künstlerische Direktor Gallwitz aber hatte anderes vor und ging auf Partnersuche für Arp. Gute Idee. Aber er suchte nicht bei den Zeitgenossen, bei Max Ernst oder Hannah Höch, bei den Dadaisten oder Surrealisten - was ungemein reizvoll gewesen wäre. Auch ließ Gallwitz bei seiner Planung für die Premiere in Rolandseck Arps kongeniale Partnerin, Ateliergenossin und Gattin Sophie Taeuber-Arp völlig unverständlicherweise links liegen.

Dafür füllte er den üppigen Restplatz mit einer recht privaten Auswahl vorgeblicher Brüder und Schwestern im Geiste Arps. Statt Arp total also Arp "light". Das Verhältnis wird sich im März kommenden Jahres nochmals zu ungunsten Arps verlagern: Denn während dessen Enkel und Urenkel ein Jahr lang den Meierbau und Bahnhof bevölkern, verschwinden in einem halben Jahr die unter dem Motto "Die Natur der Dinge" zusammengezogenen hochkarätigen Arp-Leihgaben aus aller Welt wieder (es bleibt die Sammlung des Vereins und des Landes).

Bei Gallwitz wird Arp nicht nur im Museums-Logo klein geschrieben. Dafür bekommt sein ausgewiesener Liebling, Anselm Kiefer, einen bombastischen Auftritt. Zwei Drittel des Meier-Baus werden von den gemalten Riesenformaten des Mythomanen und der raumfüllenden Bleibetten-Installation "Die Frauen der Revolution" gefüllt.

Und siehe da: Hier stimmen die Proportionen, für solcherlei Kunst scheint Meiers Gehäuse wie geschaffen, nicht für den kleinen Arp. Der hat noch weitere Dialogpartner zu verkraften: Die Ironie von Anton Henning im Bahnhof, die schöne Design-Schlange "Kaa" im Bergtunnel und das pathetische Personal von Johannes Brus im Keller.

Ruhe findet der Besucher allein auf den "Stuhlhocker-Bänken" von Yvonne Fehling und Jennie Peiz: Von dort aus kann man der arg verspielten Eleganz von Meiers Kunst-Villa über dem Rhein nachspüren.

Arp Museum, Rolandseck. Im Richter-Verlag sind insgesamt fünf Kataloge erschienen. Tage der offenen Tür: 29., 30. September, 11-18 Uhr.

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