Fliehen oder Erstarren in der Brotfabrik

Wie sie Angst in Bewegung umsetzen lässt, zeigt der Bonner Tänzer und Choreograf Karel Vanek jetzt in "Fearytale". Premiere feiert das Tanzstück, das sich auch als Fortsetzung der Produktion "Fantom Freedom" aus dem Jahr 2010 ansehen lässt, in der Beueler Brotfabrik.

Fliehen oder Erstarren in der Brotfabrik
Foto: Brotfabrik

Bonn. Jeder hat sie. Jeder kennt sie. Und die Reaktionen darauf - Flucht oder Starre - sind so typisch, so archaisch wie die menschliche Grundangst selbst. Wie sie sich in Bewegung umsetzen lässt, zeigt der Bonner Tänzer und Choreograf Karel Vanek jetzt in "Fearytale".

Premiere feiert das Tanzstück, das sich auch als Fortsetzung der Produktion "Fantom Freedom" aus dem Jahr 2010 ansehen lässt, am Donnerstag, 17. März, 20 Uhr, in der Beueler Brotfabrik.

Der Titel selbst ist eine Wortschöpfung, die bewusst mit ihren Versatzstücken spielt. Sie ersetzt fairy (= Fee, Elfe) durch das nicht existente feary, das vom englischen Begriff für Furcht, Sorge und Bedrängnis abgeleitet ist, um es anschließend mit tale (= Erzählung, Fabel) zu etwas zu verbinden, was sich am treffendsten mit "ängstlicher Schauergeschichte übersetzen lässt.

"Entstanden ist die Idee zu diesem Stück aus unseren Schlussfolgerungen zum Thema Freiheit. Ihr wird die Angst als Zwillingsschwester zur Seite gestellt", erläutert Dramaturg Guido Preuß, der ebenso wie Bühnenbildner Frank Chamier und Lichtdesigner Markus Becker sowie dem Tänzer Olaf Reinecke zum bewährten Team um Karel Vanek gehört und im Stück als Erzähler auftritt. Neu dabei ist diesmal Eric Trottier, der am Nationaltheater in Mannheim und auch als Gast in Pavel Mikulastiks Kompanie getanzt hat.

In die gemeinsame Arbeit sind sowohl persönliche Angsterfahrungen aller Beteiligten als auch Motive des Kunstmärchens "Die Schneekönigin" von Hans Christian Andersen eingeflossen, die dem Stück seinen roten Faden verleihen. Oder genauer gesagt den blauen Faden - mit Blick auf das Bühnenbild: einer Installation aus gesprungenen Spiegel- oder Eisscheiben, die von einer Art Gewebe überzogen sind. Was den einen an Moos oder Nervenstränge denken lassen mag und nicht den anderen von ungefähr an die ebenso (alb)traumhafte Ästhetik in Filmen von Alfred Hitchcock oder David Lynch erinnert.

Dazu tragen nicht zuletzt auch die dunkel dröhnenden oder summenden elektronischen Töne bei, das sogenannte "Glitch und Drone", das Störgeräusche fehlerhafter Maschinen imitiert.

Die Flucht vor den Risiken der Liebe in emotionale Erstarrung und rationale Kälte, von der die "Schneekönigin" handelt, findet sich in "Fearytale" ebenso wieder wie typisch animalische Bewegungsmuster: vom Erzittern bis zu ruckartigen Bewegungen; hin und hergerissen zwischen dem Fluchtinstinkt und abrupter Regungslosigkeit als letzter möglicher Rettung.

Wobei bei allem auch die Hoffnung auf ein Wiederauftauen des Gefühls und die befreiende Entspannung inbegriffen ist. So wie zahlreiche Märchen Ängste hervorrufen, um sie anschließend aufzulösen. "Das Thema lässt niemanden kalt", sagt Guido Preuß. "Und es kann anstrengend sein, sich damit auseinanderzusetzen." Aber eben auch faszinierend wie ein Sog, ob in der Bewegung oder "nur" beim Zuschauen.

Karten für zwölf (ermäßigt neun) Euro unter der Telfonnummer (02 28) 42 13 10. Weitere Termine: 19. und 20., 23. und 24. März sowie 29. April.

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