Ein roter Teppich für die Melodie

Beissel leitet die Klassische Philharmonie Bonn, in der Reihe "Best of NRW" präsentiert sich Maria Streltsova, und ein phänomenal eingespieltes Moskau-Rachmaninow-Trio spielt Schubert

Bad Godesberg. Außergewöhnlich war bereits der Beginn des Matineekonzerts mit dem Kammerorchester der Klassischen Philharmonie Bonn in der Kleinen Beethovenhalle in Bonn-Muffendorf: Es waren so viele Musikbegeisterte gekommen, dass erst noch mehr Stühle besorgt werden mussten, bevor das Konzert anfangen konnte.

Ein so vollbesetzter Saal erfreute den Dirigenten Heribert Beissel so sehr, dass er sogleich schmunzelnd ankündigte: "Egal ob es Ihnen gefallen wird oder nicht, am Ende bekommen Sie von uns zwei Zugaben."

Im Mittelpunkt der Matineekonzertreihe stand diesmal das Violoncello, das die beiden jungen Solisten, die gebürtige Bulgarin Emanuela Simeonova und der Katalane Oriol Aymat Fuste, eindrucksvoll ins musikalische Rampenlicht setzten.

Mit Vivaldis Konzert für zwei Violoncelli und Streicher in g-Moll bildeten die beiden Künstler in den Solo-Episoden ein harmonisches Duett, das durch eine gelungene Phrasierung und ausdruckstarke Darbietung überzeugte.

Bei dem Konzert für Violoncello und Orchester B-Dur op. 34 von Luigi Boccherini offenbarte sich dann die große Vielseitigkeit des Streichinstruments. Zur Höchstform lief die junge Bulgarin mit Tschaikowskys Pezzo capriccioso h-Moll Op. 62 auf.

Den krönenden Abschluss bildete dann Haydns Sinfonie Nr. 70 D-Dur. Da stand dann das gesamte Orchester wieder im Mittelpunkt und begeisterte das Publikum mit einer mitreißenden und hingebungsvollen Darbietung. Und zuletzt hielt der Dirigent noch Wort. Und so konnten mit den zwei Zugaben aus Mozarts Serenade B-Dur auch die Blasinstrumente aus dem Schatten der Streicher heraustreten.

Bonn. Die Klavierreihe "Best of NRW" im Bonner Beethovenhaus beschert immer wieder eindrucksvolle Begegnungen mit jungen Künstlern. Beim jüngsten Konzert jetzt im nahezu voll besetzten Kammermusiksaal war es die heute in Bonn als freie Konzertpianistin und Klavierlehrerin lebende Maria Streltsova, die aus Kiew/Ukraine stammt.

Mit einem ebenso schönen wie anspruchsvollen Programm wartete die sympathische Künstlerin auf, das sowohl ihrer hohen Anschlagskultur und reich abschattierten Artikulationsweise Rechnung trug als aber auch ihrem imponierenden technischen Können, das jedoch nie zum Selbstzweck geriet.

Der erste Programm-Teil gehörte ganz Frédéric Chopin, von dem sie drei der wunderbaren Nocturnes und die großartige b-Moll-Sonate (mit dem Trauermarsch) ausgewählt hatte. Nicht zuletzt mit der Sonate stellte sich Maria Streltsova als eine Chopin-Interpretin von Rang vor. Nicht minder beeindruckend dann aber auch die Eröffnung des zweiten Programmteils mit Ravels "Gaspard de la nuit".

Im Programm folgte eine Sonate von 1965 der russischen Komponistin Sofia Gubaidolina. Stark vitalistisch mit synkopierten Rhythmen oft fast jazziger Art war das Stück geprägt. Außerdem waren in dieser Sonate immer wieder auch Manipulationen direkt auf den Saiten gefordert. Auch hier beeindruckte Maria Streltsovas. Rundum viel berechtigter Beifall.

Bonn. Als phänomenal aufeinander eingespieltes Ensemble erwies sich das Moskau-Rachmaninow-Trio bei seinem Auftritt im Forum der Kunst- und Ausstellungshalle. Die Musiker ließen mit einem sehr ausgewogenen, reich gestuften Gesamtklang aufhorchen und überzeugten durch einen bestechenden Forminstinkt.

Im weit vorausweisenden, späten Klavier-Trio Nr. 1 in B-Dur von Schubert vermieden sie jegliche Härten und extrovertierten Ausbrüche, sondern konzentrierten sich auf die lyrische Stimmung des Werkes. Wunderbar ausdrucksstark gerieten die für den späten Schubert so typischen Stellen, in denen er einen roten Teppich in Gestalt eines zarten Rhythmus'' ausbreitet, über den eine schmerzlich-schöne Melodie schreitet.

Den vielen Duetten für Violine und Violoncello gaben Mikhail Tsinman und Natalia Savinova eine betörende Ausdruckstiefe, Victor Yampolsky glänzte mit pointierter Artikulation und facettenreicher Anschlagskultur.

Herrlich traumverloren wirkte das wie endlos weiter wachsende Melodiengeflecht im Andante. Konsequent, dass da der heftige Stimmungsumschwung mitten im Satz nicht als ruppiger, scharfer Kontrast daherkam, sondern vergleichsweise sanft klang. Spritzig erklang das Scherzo, feinsinnig das fahrig wirkende Finale.

Ins Orchesterfach wechselte das Trio mit Sergej Rachmaninows Klaviertrio élégiaque, ein über weite Strecken als Klaviertrio getarntes Klavierkonzert. Man hörte ein Breitwandgemälde in pastosen Farben mit üppigen Klangwirkungen, rauschhaften Steigerungen und geheimnisvollen Klangzaubereien - theatralisch, manchmal ein fast bombastisch. Das Trio bot eine überaus schwelgerische Interpretation, Victor Yampolsky begeisterte zudem mit virtuoser Raffinesse.

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