Neuer Intendant fürs Bonner Theater Die Zukunft kommt mit Bernhard Helmich aus Sachsen

BONN · Der Chemnitzer Generalintendant Bernhard Helmich hat beste Chancen, ab der Spielzeit 2013/2014 Nachfolger von Klaus Weise am Theater Bonn zu werden.

Am 18. Januar erlebte der Bonner Kulturdezernent Martin Schumacher eine schmerzhafte Niederlage. Seine Wunschkandidatin, die Saarbrücker Theaterchefin Dagmar Schlingmann, entschied sich gleichsam in letzter Minute, doch nicht Nachfolgerin von Klaus Weise als Generalintendantin in Bonn zu werden. Der Kulturdezernent verbreitete dennoch Tatkraft und Optimismus: "Jetzt geht die Sache einfach weiter. Ich starte sofort." Und: "Es gibt, da bin ich sicher, geeignete Personen für dieses spannende, aber schwierige Amt. Bonn ist immer noch hochattraktiv."

Schumacher ist fündig geworden, und zwar in Chemnitz. Generalintendant Bernhard Helmich, seit 2006 Herr über das Chemnitzer Fünf-Sparten-Haus, ist Schumachers Favorit, um ab der Spielzeit 2013/2014 die Geschicke des Bonner Theaters zu lenken. Helmich, der nicht selbst inszeniert, arbeitet seit 2006 in Chemnitz und hat noch einen Vertrag bis 2016. Schumacher qualifizierte ihn am Freitag als "genau die Person, die wir für Bonn brauchen". Helmich, der sich in München aufhielt, sagte gegenüber unserer Zeitung: "Es würde mich reizen."

Am 29. Februar wird sich Helmich bei der Bonner Kulturkommission vorstellen. Am 1. März tritt der Kulturausschuss in einer Sondersitzung zusammen. Am selben Tag soll der Rat, wenn es nach dem Kulturdezernenten geht, über Helmichs Berufung entscheiden. Auch der neue Wunschkandidat muss mit den vom Rat beschlossenen Einsparungen im Theateretat von 3,5 Millionen Euro ab 2013 leben. Schumacher legt Wert darauf, dass "nicht im ersten Jahr die 3,5 Millionen fällig werden. Es braucht Zeit, bis man das sinnvoll umsetzt." Erst nach der ersten Spielzeit solle der neue Chef ein Sparkonzept vorlegen.

Das Anspruchsvolle mit dem Populären vereinen

Bernhard Helmich wurde 1962 in Idar-Oberstein geboren und wuchs in Wuppertal auf. Er studierte Literaturwissenschaften, Musikwissenschaften und Theaterwissenschaften in Köln und Hamburg, außerdem Musiktheater-Regie bei Götz Friedrich in Hamburg. In dieser Zeit übernahm er auch Regieassistenzen, unter anderem an der Hamburgischen Staatsoper und an der Komischen Oper Berlin bei Harry Kupfer.

Von 1989 bis 1992 war Helmich am Nationaltheater Taipeh (Taiwan) und bei der Kulturbehörde der Regierung tätig und lehrte an der Katholischen Universität Taipeh. Detail am Rande: Helmich ist mit der in Taiwan geborenen Mei Hong Lin verheiratet. Sie ist Direktorin und Chefchoreografin des Tanztheaters Darmstadt.

Wieder in Deutschland, war Helmich Dramaturg am Theater Trier und an den Bühnen der Stadt Bielefeld, persönlicher Referent des Generalintendanten und Dramaturg am Theater Dortmund. Von 2001 bis 2005 arbeitete er als Chefdramaturg und persönlicher Referent des Intendanten an der Oper Leipzig. Von 2003 bis 2005 war er zusätzlich Direktor der Musikalischen Komödie, des Operetten- und Musicaltheaters der Oper Leipzig.

Seine Arbeit in Chemnitz seit 2006 schätzen Kenner der Szene als "sehr gut" ein. Helmich verstehe es, das Anspruchsvolle mit dem Populären zu vereinen, Uraufführungen und Musicals anzubieten. Helmich sei es gelungen, eine engagiertes Theatermannschaft aufzubauen, deren Teamgeist sei spürbar.

Das Theater Chemnitz ist eine Fünf-Sparten-Bühne: mit Oper, Ballett, Robert-Schumann-Philharmonie, Schauspiel und Figurentheater. Aus Bonner Sicht reizvoll erscheint die Reihe "Begegnungen mit Beethoven". Im Juni 2012 wird die Robert-Schumann-Philharmonie unter der Leitung von Frank Beermann alle neun Sinfonien Beethovens innerhalb von zwei Wochen in Chemnitz aufführen.

Der Jahresetat des Hauses von derzeit 25,3 Millionen Euro soll ab 2015 um drei Millionen Euro abgeschmolzen werden. Das hat zu kulturpolitischen Diskussionen in Chemnitz geführt. Helmich erstellte ein Diskussionspapier, berichtete die Tageszeitung Freie Presse, in dem von der möglichen "Reduzierung des Personals um etwa 120 Mitarbeiter" die Rede war.

Kulturdezernent Schumacher: "Der Laden muss wieder brummen"

Auch in Bonn würde Helmich die Mühen der Ebene spüren, den Zwang, umzubauen. Aber erst einmal herrschten am Freitag optimistische Töne vor, vor allem beim Kulturdezernenten. Schumacher zeigte sich "richtig begeistert". Helmich traue er zu, das Bonner Theater in die Zukunft zu führen, es noch intensiver mit den Menschen zu verbinden: "Der Laden muss wieder brummen." Die Zeiten erforderten einen Kümmerer, der Strukturen und Baumaßnahmen ebenso im Blick habe wie Kunst und Künstler. Der Intendant, der nicht selbst inszeniert, würde wie ein Regisseur sein Haus organisieren. Das Theater in Chemnitz erschien Schumacher bei seinen Besuchen als "wohlbestellt".

Als "außerordentlich glückliche Konstellation" empfindet es Schumacher, dass Helmich seit mehreren Jahren mit dem Bonner Generalmusikdirektor Stefan Blunier zusammenarbeite. Blunier, verriet der Kulturdezernent, wäre begeistert, wenn der Rat am 1. März die Ernennung Helmichs beschlösse.

Die Chemie zwischen den beiden stimme, das käme der Kulturarbeit in Bonn zugute, auch in Hinblick auf Beethovens 250. Geburtstag im Jahr 2020.

Helmich ist schon oft in Bonn im Theater gewesen. Eine Opern-Koproduktion zwischen Chemnitz und Bonn hat es erst jüngst gegeben. Dietrich Hilsdorfs Chemnitzer Inszenierung des "Wildschütz" hatte im Mai 2011 Premiere in Bonn. Im Gegenzug reiste Hilsdorfs Bonner "Bohème" nach Sachsen.

Bernhard Helmich betrachtet Bonn als Chance, weiß aber, dass die Entscheidung erst am 1. März fallen wird. Seine Prognose? "Ich bin ganz zurückhaltend", sagte er am Freitag.

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