Frauenmuseum Bonn Die Frau hinter den Männern

Es gab vielleicht schillerndere Persönlichkeiten als Gabriele Münter in der deutschen Geschichte, dennoch ist ihr völlig zu Recht die seit Sonntag eröffnete Ausstellung "Die blaue Reiterin und ihr Freundeskreis" gewidmet. Rund 80 Künstlerinnen nähern sich in Bildern, Fotografien, Installationen, Skulpturen und anderen Formen dem Leben der im Umfeld des Blauen Reiters agierenden Malerin und vorübergehenden Lebensgefährtin Kandinskys.

 Christine Theile vor ihrem Bild "Gabriele Münter schiebt den blauen Reiter an".

Christine Theile vor ihrem Bild "Gabriele Münter schiebt den blauen Reiter an".

Foto: Franz Fischer

Hierbei werden verschiedene Themenbereiche angeschnitten. Gut die Hälfte aller Beteiligten widmen Münter und der restlichen Gruppe Porträts auf Papier, Leinwand und anderen Materialien. Die Schauspielerin Simone Rethel, Ehefrau des verstorbenen Johannes Heesters, illustriert im Ölgemälde "spät nachts" den Blauen Reiter als feucht-fröhliche Diskussionsrunde. Ebenso im Mittelpunkt steht häufig Münters ambivalente Beziehung zum russischen Künstler Kandinsky, dessen Auswirkungen auf Münters kreatives Schaffen retrospektiv sehr unterschiedlich gewertet werden.

Charlotte Esch aus Bonn etwa macht mit einer Wärmebildkamera zumindest die Gefühlswallungen der Liebenden buchstäblich sichtbar - dass sich Münter und Kandinsky jedoch auch auf beruflicher Ebene beeinflussten, wird vor allem in Werken der Kategorie "Blaue Reiterin und Reiter" deutlich. Christine Theiles "Gabriele Münter schiebt den blauen Reiter an" zeigt zwar nicht sehr subtil, dafür umso eindringlicher die Position der Malerin in ihrem Freundeskreis als zurückhaltende Ratgeberin, deren eigenes Talent im Trubel um die männlichen Kollegen ein wenig unterging. Eine außerordentlich gelungene Neuinterpretation des Gemäldes "Gerade Straße" gelang der jungen Künstlerin Susanna Neunast: Die großflächige Videoinstallation zeigt ebenjene Straße nach Murnau bei München hundert Jahre später. Das dort liegende Münter-Haus, damals Künstlertreff mit ausladendem Garten, ist in Form von zahlreichen Blumenstillleben ebenfalls Thema der Ausstellung.

Selbstverständlich sind nicht alle Beiträge von ebenso herausragender Qualität; mehr oder minder einfallsreich und intensiv haben sich die Ausstellenden mit Münter als Person beschäftigt; nur einigen gelingt es, auch stilistisch an die für die Künstlerin typische Klarheit und Reduktion anzuknüpfen.

Ergänzt wird die Ausstellung durch ausführliche Informationstafeln, mit Hilfe von Tagebüchern und Briefen wird die Lebensgeschichte der 1877 geborenen Malerin aufgearbeitet, die unter dem Einfluss des Blauen Reiters zu einer der bedeutendsten deutschen Expressionistinnen avancierte.

Sechs Mal wurde der mit 20.000 Euro dotierte Gabriele Münter Preis bereits an Künstlerinnen ab 40 vergeben, noch nie aber war die Namensgeberin selbst Sujet einer Ausstellung. Ebendiese ist als Reaktion auf die Totalkürzung des Preises im Jahr 2010 zu verstehen, so Marianne Pitzen, Direktorin des Frauenmuseums. Gleichzeitig ist die Sammlung nach langen Verhandlungen ein Auftakt zur Fortführung des Gabriele Münter Preises in drei Jahren: "Wir sind stolz, dass wir den Preis 2017 zum siebten Mal vergeben können."

Frauenmuseum Bonn, Im Krausfeld 10; bis 8. März 2015, Di.-Sa. 14-18 Uhr, So. 11-18 Uhr, Führungen jeden So. 13 Uhr, Katalog zur Ausstellung 20 Euro

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