Der blutige Sonntag war der Auftakt des Terrors

Die Ausstellung "Das braune Bonn" belegt mit Fotos und Dokumenten, wie die Nationalsozialisten in der Stadt agierten

Der blutige Sonntag war der Auftakt des Terrors
Foto: Frommann

Bonn. Wie funktionierte das "braune" Bonn? Eine Ausstellung im Stadtmuseum will von Donnerstag an Antworten darauf geben, zeigt anhand von 80 Fotos, von Dokumenten, Flugblättern und Zeitungsseiten, wie zur Zeit des Nationalsozialismus auch in Bonn Menschen "mitgemacht" haben und zu Tätern wurden.

Gerade an einer Figur wie dem damaligen Godesberger Bürgermeister Heinrich Alef wird jedoch deutlich, dass "Täter" ein schwieriger Begriff ist: Alef war überzeugter Nationalsozialist, stolz, Hitler bei seinen Besuchen im Hotel Dreesen empfangen zu können. Zugleich bescheinigten ihm aber auch Regimegegner nach dem Krieg, dass Alef nicht an Terrorakten teilgenommen, vielmehr Verfolgten geholfen hat, sagt Horst-Pierre Bothien, Ausstellungsmacher und Verfasser der Begleitpublikation "Das braune Bonn".

Wie "braun" Bonn war, belegen allein schon Zahlen: "Mitte der 30er Jahre hatte die NSDAP im Kreis Bonn mit seinen 220 000 Einwohnern 30 000 Mitglieder", so Bothien. Und am 17. November 1929 wählten von 36 500 Bonnern 5 500 die NSDAP zur zweitstärksten Fraktion in den Stadtrat. Allerdings blieb die katholische Zentrumspartei bis 1933 stärkste Fraktion. Wie überhaupt die katholische Jugend sich lange Jahre gesträubt habe, von den Jugendorganisationen der Nazis vereinnahmt zu werden, so Bothien.

"Nach der Ausstellung “Hitler am Rhein„, die mehrere tausend Menschen besuchten ( der GA berichtete), ist dies das zweite Kapitel eines Ausstellungsprojekts, das konkreten Spuren des Nationalsozialismus in unserer Stadt nachgehen will", sagte Kulturdezernent Ludwig Krapf am Mittwochabend zur Eröffnung der Ausstellung, die bis zum 18. April zu sehen ist.

Bei der Beschäftigung mit den lokalen Tätern gebe es auch sechzig Jahre nach dem Ende der Gewaltherrschaft noch immer beträchtliche innere Sperren und Hindernisse. "Deshalb setzt die Ausstellung an dieser Leerstelle an und entwickelt von da an ihre sehr spezifische Perspektive. Das mag für einzelne Familien schmerzhaft sein, doch diesen Schmerz müssen wir aushalten."

Dennoch hat Ausstellungsmacher Bothien aus datenschutzrechtlichen Gründen bis auf vier Ausnahmen "Namen erst ab der Ebene Ortsgruppenleiter" erwähnt. So etwa den des "Gestapo-Chefs" Heinrich Müller, der sich in der NS-Zeit nicht allein auf seine "informatorische" Arbeit als Leiter des "Sicherheitsdienstes" beschränkte, sondern auch in die Verfolgung jüdischer Bürger und die Bekämpfung politischer Gegner einschaltete.

Die Ausstellung beginnt mit dem Jahr 1925, als sich die NSDAP in Bonn gründete. Die nächste Station ist der "blutige Sonntag", der 7. Dezember 1930, als SA-Mann Klaus Clemens vor der Beethovenhalle erschossen wird und es daraufhin zu Straßenkämpfen kommt. Die weiteren Kapitel beschäftigen sich dann mit den jeweiligen Bonner Naziorganisationen und ihrem Mitwirken am Terrorregime. Obwohl die Ausstellung mit dem Jahr 1939 endet, richtet sie noch den Blick auf die juristische Aufarbeitung nach dem Krieg.

Öffnungszeiten der Sonderausstellung "Das braune Bonn - Personen und Ereignisse 1925 bis 1939" montags 9.30 bis 14 Uhr, donnerstags bis samstags von 13 bis 18 Uhr und sonntags von 11.30 bis 17 Uhr. Führungen am 20. Februar, 20. März und 10. April, jeweils sonntags um 15 Uhr. Die 160-seitige Begleitpublikation kostet 18 Euro.

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