François-Xavier Poizat im Kammermusiksaal Der Pianist liebt das volle Risiko

In der Reihe "Young Stars" ist François-Xavier Poizat gut aufgehoben. Denn der 24-jährige Schweizer Pianist, der sich im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses vorstellte, hat bereits so viele Preise und Lorbeeren großer Kollegen eingeheimst, dass er nicht mehr als Nachwuchstalent gehandelt werden kann.

Ein Star kann es sich leisten, einen ganzen Abend lang nur Chopin zu spielen, und zwar die schweren Sachen. Als Lockerungsübung haut er drei Etüden heraus, bei denen sich auch arrivierte Tastenkünstler gern die Finger verknoten. Poizat lässt die ersten beiden aus op. 10 in glitzernden Fontänen aufsteigen, nicht immer so schnell wie etwa Pollini, aber mit kraftvollen Bassakzenten abgestützt.

Die chromatisch modulierenden Sexten-Kaskaden im Mittelteil der bekannten Es-Dur-Etüde Nr. 3 wirken ein wenig zu glatt, doch sonst findet der Pianist in jeder Phrase genau die Anschlagsnuance, das Tempo und die Dynamik, die den einzigartigen Zauber dieser Klaviermusik jedem im Saal begreiflich machen.

Poizat hat Chopin im Innersten verstanden und kann dieses Verständnis nach außen tragen: Ob die schillernde f-Moll-Ballade oder die mit grandiosem Schwung gefeierte Helden-Polonaise op. 53 As-Dur - immer geht er volles Risiko. Wenn auch der ein oder andere Effekt sehr plakativ gerät, so arbeitet der Pianist doch stets Kolorit und Spannungsbögen virtuos heraus: in der Sonate Nr. 2 b-Moll mit ihrem erschütternden Trauermarsch ebenso wie in der abschließenden Tour de force, den zwölf Etüden op. 25.

Mit fast makelloser Technik - gegen Ende machen sich Ermüdungserscheinungen bemerkbar - und absolut sicherem Gespür für die Farben und Stimmungen jeder einzelnen Etüde begeistert Poizat sein Publikum. Zwei Zugaben, ein Walzer und eine Mazurka, sind dann die Lockerungsübungen zum Abkühlen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort