Theater Bonn Dennis Kellys "Waisen" auf der Bühne

BONN · Die Familie steht über allem. Auch wenn gerade dies zur Katastrophe führt. So etwa bei Dennis Kellys Dreiecks-Drama "Waisen", das morgen in der Werkstatt des Theaters Bonn Premiere feiern wird. "Alles fällt auseinander", sagt Nico Link, der den integren Ehemann und Vater Danny spielt, der in einem Strudel von Geschwisterliebe und Gewalt nur verlieren kann.

 Familienbande: (von links) Grégoire Gros, Nico Link und Johanna Wieking.

Familienbande: (von links) Grégoire Gros, Nico Link und Johanna Wieking.

Foto: Lilian Szokody

Denn sein Schwager Liam (Grégoire Gros) hat einen Araber zusammengeschlagen, sich blindwütig rächend für alles und jedes - und seine Frau Helen (Johanna Wieking) will ihren Bruder nun um jeden Preis vor der Justiz schützen.

"Sie ist wie eine Löwin", erklärt die Schauspielerin, "oder auch wie eine Mutter." Eine, der Liam näher ist als ihr ungeborenes zweites Kind, mit dessen Abtreibung sie Danny droht. Für sie ein Mittel zum Zweck: "Helen manipuliert ihren Mann, weiß ganz genau, welche Knöpfe sie drücken muss, und scheut auch vor krassen Mitteln nicht zurück, um ihr Ziel zu erreichen", sagt Wieking.

Und Liam selbst? "Der biegt sich alles so zurecht, wie es ihm passt", glaubt Grégoire Gros. Eine Figur, die sich nicht unter Kontrolle hat und deren einzige Basis die Familie ist. Das, was er ebenso wie seine Schwester in der Kindheit nicht hatte - beide sind als Kinder durch ein Feuer zu Waisen geworden.

"Jetzt droht erneut das Abrutschen ins Ungesicherte", sagt Dramaturgin Almuth Voß. Daher greifen die Geschwister nach jedem Strohhalm, wollen um jeden Preis verhindern, dass der vorbestrafte Liam als Täter identifiziert wird. Und setzen auf Danny. Die Vaterfigur, die sich selbst nicht als solche erkennt. "Helen wirft ihm ja immer vor, dass er nichts tue, dass er ein Feigling sei", sagt Link. "Doch für Liam ist er ein Vorbild, weil Danny all das hat, was er auch gerne haben möchte", fügt Gros hinzu: "Eine Familie, eine schöne Frau, Sicherheit, Geborgenheit."

Bis dann die Angleichung stattfindet, Danny in die Rolle des Mittäters gezwungen wird und dadurch für ihn alles den Bach runtergeht. Bis er schließlich nicht mehr weiter weiß, völlig desillusioniert ist und für seine Ehe mit Helen keine Zukunft mehr sieht. Bis der Schutz der Familie diese völlig zerstört. Gezeigt werden die blutigen Taten der beiden Männer in der Inszenierung von Jennifer Whigham, die in Bonn seit 2007 unter anderem mit Yasmina Rezas "Der Gott des Gemetzels" für Aufsehen sorgte, allerdings nicht.

"Das ist eine der Stärken des Theaters: Man muss nicht alles nachstellen, sondern kann vieles in der Vorstellung der Zuschauer generieren", erklärt Almuth Voß. "Es passiert tatsächlich relativ wenig auf der Bühne", gesteht auch Johanna Wieking. Bis auf die Dialoge, ein ständiges Hin und Her zwischen den drei Darstellern. "Das macht es extrem schwer, den Text zu lernen", sagt Nico Link. "Oft haben wir nur zwei oder drei Worte, bevor wir unterbrochen werden. Doch jedes 'Ja' und jedes Stottern hat seinen Sinn."

Termine: 8.5. (Premiere), 11.5., 29.5., 5.6., 14.6., 26.6., jeweils um 20 Uhr in der Werkstatt des Theaters Bonn. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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