Benefizkonzert für die "Aktion Weihnachtslicht" im November Bonner Pianistin Jamina Gerl auf dem Weg zum Erfolg

Bonn · Sie studierte in Köln und Alaska. Demnächst kann man die Musikerin im Beethoven-Haus mit einem virtuosen und anspruchsvollen Programm erleben.

 „Es war eine völlig andere Welt“: Die Bonner Pianistin Jamina Gerl.

„Es war eine völlig andere Welt“: Die Bonner Pianistin Jamina Gerl.

Foto: Stefan Haeusler

Angst vor Herausforderungen kennt Jamina Gerl nicht. Wer, wie sie, einmal mit einem großen Orchester an der Seite den Solopart von Sergej Rachmaninows drittem Klavierkonzert bewältigt hat, den kann eigentlich gar nichts mehr schrecken. Nicht einmal die Abgeschiedenheit Alaskas, wo die Pianistin zwei Jahre lang studierte. Die Bonnerin Jamina Gerl ist längst eine gefragte Solistin, gibt weltweit Konzerte, in den USA ebenso wie in Europa, und ist gern gehörter Gast bei Festivals wie dem Klavierfestival Ruhr, dem Bonner Beethovenfest oder dem Schleswig-Holstein Musikfestival.

Vor dem nächsten Solorezital in ihrer Heimatstadt, das sie am 21. November im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses als Benefizkonzert für die Aktion Weihnachtslicht des General-Anzeigers gibt, haben wir uns auf eine Tasse Tee am Bonner Markt getroffen. Im Gespräch erinnert sie sich an ihre Kindheit mit ihren beiden älteren Brüdern und an das Klavierspiel ihrer Mutter, einer leidenschaftlichen Amateurmusikerin. „Sie hat abends gern bis elf oder zwölf Uhr gespielt. Ich fand es schön, zu den Klängen der Mondscheinsonate einzuschlafen.“ So etwas prägt, vor allem, wenn das Kind ein sensibles Ohr für die Musik besitzt.

Mit 15 Jahren absolvierte sie die Aufnahmeprüfung für die Kölner Musikhochschule

„Mir war eigentlich schon früh klar, dass Musik mein ganzes Leben bestimmen würde“, erzählt Jamina Gerl. Tatsächlich machte sie nach ihrer ersten Klavierstunde, die sie mit viereinhalb Jahren erhielt, rasche Fortschritte. Als Elfjährige kam sie zu ihrer späteren Kölner Professorin Roswitha Gediga, mit 15 absolvierte sie erfolgreich die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule. Dabei spürte sie immer den Rückhalt durch die Familie. Ihr Vater, ein Psychologe, unterstützte sie, Entscheidungen besonnen anzugehen „und nicht kopflos in eine Richtung vorzupreschen“. Was in den Teenagerjahren besonders wichtig gewesen sei. „Aber die eigene Identität zu finden, da kann auch wieder die Musik ein Schlüssel sein. Und das war für mich definitiv der Fall.“

Schon damals gab sie gelegentlich Konzerte. An eines erinnert sie sich noch besonders gern, das war mit 17 Jahren 2003 beim „Endenicher Herbst“, dem Vorläufer des heutigen Schumannfests. Im Schumannhaus gastierten damals mit Alfredo Perl und Lars Vogt auch zwei überaus prominente Kollegen. „Es war für mich schon faszinierend, im selben Raum und an demselben Flügel spielen zu dürfen wie sie“, erzählt die Pianistin.

Ausgerechnet Alaska

Noch bevor sie in Köln ihr Diplom machte, hatte Jamina Gerl bereits ihre Fühler nach Amerika ausgestreckt und erste Kontakte geknüpft. In New York habe sie „einen ganz fantastischen Lehrer“ kennengelernt, erzählt sie, „der aber leider in Alaska unterrichtete“. Dabei handelte es sich um den gebürtigen Russen Eduard Zilberkant, der selbst Schüler von Leon Fleisher und Vitaly Margulis war und bis heute als Professor und Dirigent in Fairbanks wirkt. Gerl: „Mir gefiel sehr, dass er seine Schüler förderte, eigenständige Musiker zu werden. Er hat Fragen gestellt. Warum macht du dies so? Was möchtest du erreichen? Dadurch war ich gefordert, meine eigenen Interpretationen zu rechtfertigen und sie zu vervollkommnen. Das war für mich ein Augenöffnererlebnis.“

Die Zeit an der Universität von Fairbanks hat Jamina Gerl nicht nur musikalisch geprägt. „Es ist eine völlig andere Welt. Es gab da auch schon Grenzerfahrungen. Wenn man, wie ich, kein Auto hat und auf den Bus angewiesen ist, der dreimal am Tag kommt, sollte man ihn bei minus 40 Grad nicht verpassen. Das ist mir einmal passiert. Der Akku meines Handys war leer, ich hatte kein Geld dabei. Ich dachte: Wenn jetzt nicht irgendjemand vorbeikommt, dann erfrierst du.“ Glücklicherweise kam jemand.

Aber das Leben in der polaren Provinz fernab vom Musikmarkt hat sie auch erfahren lassen, was Musik den Menschen wirklich bedeuten kann: „Es ist einfach gut zu sehen, dass die Musik dort, wo nichts ist, das Leben der Menschen ungemein bereichert. Auch mit dem Orchester in Fairbanks zu arbeiten, ist eine besondere Erfahrung: Die Musiker proben nicht nur, weil es eben sein muss, sondern weil sie sich wirklich dafür begeistern.“ Und das Publikum zieht mit. Der 1000 Plätze fassende neue Konzertsaal sei meist voll besetzt.

Über einen Umweg, der sie zu weiteren Studien nach Washington D.C. führte, kehrte Jamina Gerl schließlich wegen der vielen Konzertverpflichtungen in Europa zurück nach Bonn. In ihrer Heimatstadt fühlt sie sich wohl, wegen des großen kulturellen Angebots, aber auch wegen der Nähe zu den Wäldern des Siebengebirges und des Kottenforsts. Diese Liebe zur Natur findet auch musikalisch Ausdruck. Man muss nur einmal ihr von der Kritik überschwenglich gelobtes Album „Wanderer“ (Tyxart) mit Musik unter anderem von Felix Mendelssohn Bartholdy und Franz Schubert hören: Man wird sogleich gefangen genommen vom romantischen Zauber des Waldes.

Jamina Gerl spielt am 21. November, 19 Uhr, im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses Werke von Camille Saint-Saëns („Album für Klavier“ op.72), Gabriel Fauré (Nocturne op.33 Nr.1), Maurice Ravel („Jeux d'eau“), Claude Debussy („L’Isle Joyeuse“ ), Franz Liszt (aus den „Années de pèlerinage“). Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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