Dave Davis im GA-Interview Blacko Mio!

Bonn · Weißer Kittel, Duschhaube, die Klobürste im Anschlag: Keine Frage, der Komiker Dave Davis hatte mit seinem afrikanischen Toilettenmann Motombo einst den Nerv des Kabarettpublikums getroffen. Knapp zehn Jahre ist es her, mittlerweile bespaßt der Bonner auch als „Klarperson“ die Republik.

 Dave Davis: Daumen hoch

Dave Davis: Daumen hoch

Foto: Agentur

„Blacko Mio!“ – Was hat es mit diesem Titel auf sich?

Dave Davis: Mein Tourneemanager hatte Druck gemacht, wollte möglichst früh einen Titel haben. Ich breche solche Sachen aber nicht gern übers Knie – und habe lange überlegt.

Gab es Alternativen?

Davis: „Wollt ihr die totale Pigmentierung?“ – aber für diesen Titel ist Deutschland noch nicht reif. „Mein Schimmel heißt Black Beauty“ kam nur bei meinen männlichen Freunden an. Und dann kam ich auf „Blacko Mio!“, das passt zu einem Rheinländer wie mir.

Passt der Titel auch zum Inhalt des Programms?

Davis: Es passt zu den Dingen, die gerade in der Welt und auch in Deutschland passieren, und zu meinem persönlichen Blick auf diese Dinge. Ich mache schließlich kein bitterernstes Kabarett.

Sondern?

Davis: Ich nehme die Welt als normaler Bürger wahr, Mecklenburg-Vorpommern inklusive. „Blacko Mio!“ ist der Ausruf des Erstaunens aus der dunklen Seite der Nachbarschaft.

Auf was spielt die „dunkle Seite” an?

Davis: Ich denke dabei an den AfD-Funktionär Alexander Gauland und sein Zitat über Jérôme Boateng. Und so wie es bei „Star Wars“ die böse, dunkle Seite der Macht gibt, lebe ich gut und nur äußerlich dunkel in der Nachbarschaft. Der AfD geht es um die reine Provokation – und sie trifft mit Boateng auf eine Person, die sich um Deutschland verdient gemacht hat. Boateng ist das klassische Beispiel dafür, dass es in diesem Land geht, wenn man will. Deutschland geht es grundsätzlich gut. Die Verbalschuttrutschen der AfD wollen nur maximale Aufmerksamkeit, Ängste schüren und uns in ihnen verharren lassen.

Ist das ein Thema im Programm?

Davis: Nun, es soll kein schwerer Abend voller Anklagen werden. Im Kabarett sitzen normalerweise keine Nazis, das Zielpublikum kennt sich aus im politischen Tagesgeschehen. Ich muss also keinen Besucher missionieren. Ich gestalte lieber einen unterhaltsamen Abend – und öffne die Herzen.

Aber nicht ganz politikfrei, oder?

Davis: Wenn man im Theater eine politische Anregung platzieren kann, gern. Denn die AfD und ihre Denkweise schleichen sich durchaus in bürgerliche Schichten ein, deshalb sage ich dazu etwas. Aber das ist nur eine Facette des Programms. Relevanz findet man auch in vermeintlich unpolitischen Themen.

Welche weiteren Facetten sind zu erwarten?

Davis: Zum Beispiel das Thema Gender, die Unterschiede zwischen biologischem Geschlecht und sozialem Geschlecht.

Also politische Korrektheit?

Davis: Ja, wobei ich den Begriff bescheuert finde. Er suggeriert, dass es neben der offiziellen Wahrheit noch eine Überwahrheit gibt, die „richtiger“ ist. Das hieße: Politisch korrekt wäre ich ein Schwarzer, und sonst halt ein Neger, vor allem in Bayern: Mia song Nega, des hom mia imma scho gsogt, weil mia san mia.

Wäre „Farbiger“ nicht noch korrekter als „Schwarzer“?

Davis: Damit tun wir uns beide keinen Gefallen, denn nach den Gesetzen der Physik ist Weiß nicht einmal eine Farbe. Sie sind nicht weiß, und ich bin nicht schwarz.

Haben Sie eine andere Farbe für mich?

Davis: Gedämpft Ferkelrosa. Und ich bin zartbitter, aber nicht schwarz.

Treibt die politische Korrektheit zu viele Blüten im Land?

Davis: Wer blickt denn da noch durch? Man begegnet einer Professorin und weiß nicht mehr, wie man sie ansprechen soll. Frau Professor, Frau Professorin oder Professix. Und jeder ist ganz schnell beleidigt. Ich verwende lieber meinen eigenen Kunstbegriff: Political Konfettiness. Das klingt schön bunt und folgt dem reinen Anstand.

Fühlt man sich als „Bürger mit Melaninüberschuss“ dazu genötigt, auf der Bühne politisch Stellung zu beziehen?

Davis: Eigentlich nicht. Ich agiere als Mensch, als deutscher Staatsbürger und als Teil eines Gemeinwohls. Vielleicht nimmt man mir als offensichtlich Fremdstämmigem einige Positionen eher ab. Ich will nicht stundenlang über Integration reden, aber es gibt dabei auch ein paar lustige Begebenheiten.

Zum Beispiel?

Davis: Ich habe in meinem Garten in Kessenich einen Rollrasen verlegt. Das muss man mit Bedacht tun, damit der Rasen auch anständig gedeiht. Zum Glück habe ich den braunen Daumen.

Was hat das mit Integration zu tun?

Davis: Ausgerechnet ich als totaler Un-Spießer habe Spaß an der Rasenpflege und verdichte zum Beispiel lichte Stellen aufwändig mit Turbogras. Und dann sieht vielleicht ein Nachbar den schwarzen Mann im Garten, denkt sich: Wieso sieht sein Rasen besser aus als meiner? Liegt das an seinem regelmäßigen 4-Zentimeter-Schnitt – oder spielt er unfair und macht Voodoo?

Sehen Sie sich als integrierten Spießer?

Davis: Mittlerweile bin ich sogar zum Spindelmäher übergegangen. Da kommt der Deutsche in mir durch. Denn mit dem Spindelmäher kann ich während der offiziellen Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr und auch sonst mähen, weil der keinen Lärm macht.

Sie testen „Blacko Mio!“ zurzeit in zwei Dutzend Städten. Warum so viele Previews?

Davis: Ich will halt, dass es scheppert. Meine Programme entstehen auf dem Papier, aber erst beim Spielen entwickeln sie sich. Manchmal ergeben sich dabei völlig neue Nummern.

Die Premiere ist für den 27. Oktober im Pantheon angesetzt. Hängt das nicht vom Eröffnungstermin des neuen Theaters in der Halle Beuel ab?

Davis: Meine Premieren finden immer im Pantheon statt, von daher bin ich guter Dinge, das muss dort passieren. Der OB hat bereits sein Kommen zugesagt.

Sehen Sie das Pantheon als Ihre Hausbühne?

Davis: Ja, ich wohne direkt um die Ecke. Ich werde das Pantheon auch künftig in meiner Nähe habe, denn mein Büro befindet sich in Beuel. Als Bonner muss ich aber zugeben, dass ich auch das Bonn Center vermissen werde, der weithin sichtbare Mercedes-Stern auf dem Dach hat schon in meiner Kindheit eine Art Heimatgefühl ausgelöst. Wenn ich den Stern nach einer langen Autofahrt entdeckt habe, wusste ich: Wir sind zu Hause. Ich sehen den Stern immer noch täglich – aus meinem Fenster. Traurig, dass er weg kommt.

Wie bewerten Sie den Umzug des Pantheon?

Davis: Sachlich betrachtet ist es eine Verbesserung, schon wegen der Platzverhältnisse. Das wird schon toll.

Sie sind mit dem Toilettenmann Motombo bekannt geworden. Existiert die Figur noch?

Davis: Gelegentlich verwende ich seine Sprache bei einigen Nummern, wenn es um afrikanische Weisheiten geht.

War Motombo ausgespielt?

Davis: Das nicht, ich wollte einfach etwas Neues ausprobieren. Außerdem: Wenn ich auf der Tour mal Motombos Duschhaube vergessen hatte, stand ich vor einem Problem: Fragen Sie mal als Glatzkopf in einer Drogerie nach einer Duschhaube. Innerhalb von wenigen Minuten werden sie da flughundartig von SEK-Beamten angesprungen. Natürlich ist ohne Haube und Kittel die Maske verschwunden, aber letzten Endes bin ich auf der Bühne auch als Klarperson nicht ich. Motombo wird immer noch sehr oft im Karneval gebucht.

Sind Sie gern Berufskomiker?

Davis: Ja, sehr. Geiler Job. Ganz nach der klassischen Weisheit: „Finde etwas, das dir Spaß macht, und du wirst nie wieder arbeiten müssen.“

Ist Bonn ein guter Heimathafen für einen bundesweit aktiven Künstler?

Davis: Klar, hier werde ich tot über dem Zaun hängen. Ich habe die Wahl, aber keine Alternative. Freunde von außerhalb sind immer wieder überrascht, wie nett und zugänglich die Bonner im Alltag sind. Du kommst immer mit jemandem ins Gespräch. Bonn is the place to be.

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