Bier, Bundesliga und arme Würstchen

Wahre Liebe gibt es nur unter Männern im Heizungskeller - Kay Voges inszeniert "Männerhort" von Kristof Magnusson - Die Bonner Werkstattbühne wird zum Ort des Macho-Wahns, wo der Punk zu Hause ist

  "Männerhort":  "Ich glaube, dass es so eine Form von Theater in Bonn selten gegeben hat", sagt der Regisseur.

"Männerhort": "Ich glaube, dass es so eine Form von Theater in Bonn selten gegeben hat", sagt der Regisseur.

Foto: Beu

Bonn. Kennen Sie den: Wird ein Mann Samstag vormittags vor einem Einkaufszentrum im Krankenwagen abtransportiert. Sagt ein Passant zu seiner Frau: "Siehst du, der musste auch zu lange mit seiner Frau einkaufen gehen!"

"Shopping" gehört wohl zu den Dingen im Leben eines Mannes, die ihm Albträume, Schweißausbrüche und im schlimmsten Fall eine Herzattacke zufügen. Zwischen Kleiderständern und unentschlossenen Ehefrauen sehnt sich so mancher nach trauter männlicher Geselligkeit bei Bier, Pizza und Bundesliga.

Im Buch "Männerhort" des Autors Kristof Magnusson wird diese Sehnsucht zur Wirklichkeit: Die vier Männer Helmut, Eroll, Lars und Mario verstecken sich vor ihren shoppingsüchtigen Frauen im Heizungskeller eines Einkaufszentrums, frönen ihrem Männlichkeitswahn und fachsimpeln über Frauen und Fußball.

Ein Stoff wie geschaffen für das aktuelle Spielzeitmotto "MännerMachtFrauen". Regisseur Kay Voges hat ihn nun als Komödie inszeniert, und die wird am Sonntag auf der Werkstattbühne uraufgeführt.

Der 31-Jährige feierte unter anderem vier Jahre lang am Stadttheater Oberhausen diverse Erfolge, zum Beispiel mit dem Stück "Feuergesicht" von Marius von Mayenburg oder "Werther in New York" von Tim Staffel. Kay Voges: "Obwohl in ,Männerhort'' keine Frau auf der Bühne steht, spielen sie doch die unsichtbare Hauptrolle, denn in den Männergesprächen wollen sie sich ständig gegenseitig beweisen, wie überlegen sie den Frauen sind und scheitern dabei an ihrer diffusen Vorstellung von Männlichkeit."

Im Endeffekt sind Helmut (Nito Torres y Soria), Eroll (Hendrik Richter), Lars (Daniel Wiemer) und Mario (Raphael Rubino) sowohl als Frauenversteher, als Macho, als Heimwerker-Papi-Typ als auch als Vollprolet echte Loser.

Voges: "Sie sind arme Würstchen, die um jeden Preis versuchen, den schönen Schein des vermeintlich starken Geschlechts zu wahren." Außen hart und innen ganz weich, wie bereits Grönemeyer mit seinem Hit "Männer" feststellte. Und wenn er nicht schon so abgedroschen wäre, müsste man den eigentlich auch noch einspielen, sagt Voges.

Stattdessen bekommt das Publikum andere Gesänge auf die Ohren, während es zusehen darf, wie das männlichkeitswahnsinnige Bild langsam bröckelt. Voges Inszenierung sei ein "Well-made-play", ein Boulevard-Stück, in dem anfangs artig gespielt und geplaudert wird.

Doch dann kippt es. Voges: "So wie die Figuren an ihrer Vorstellung vom Mann-Sein scheitern, scheitert das Stück an den Grotesken und Brüchen der Handlung und der Darsteller."

Man darf sich auf ein amüsantes Tohuwabohu freuen, bei dem Rollen vertauscht, Handlungsstränge verzerrt und Fiktion mit Realität verwoben werden. Auf tiefschürfende Erkenntnisse braucht man nicht zu hoffen, im Gegenteil - Kay Voges'' Inszenierung ist ein Experiment, mit dem getestet wird, was Schauspiel alles darf.

"Es ist ein lautes, junges Stück, und ich glaube, dass es so eine Form von Theater in Bonn selten gegeben hat." Schließlich müsse man nicht immer mit Kopfweh aus dem Theater gehen, sondern ruhig auch mal mit Bauchweh. Er vergleicht Inszenierungsstile gerne mit Musik, so gebe es die Klassiker oder die Jazz-Spezialisten.

Kay Voges: "Bei mir ist der Punk zu Hause." Deshalb gibt es am Sonntag für jeden "echten Mann" ein Bier aufs Haus und anschließend eine Premierenparty, bei der die Band "The Mann-Mann-Mann-Manns" den Besuchern des "Männerhorts" mit ehrlichem Punkrock gebührend einheizt.

Die Uraufführung ist am Sonntag, 19. Oktober, 20 Uhr, in der Werkstattbühne.

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