Besuchstipp: Von Heisterbach bis zur Rheinromantik

Königswinter · Ein Besuch des neu eingerichteten Siebengebirgsmuseum lohnt sich.

Ein weißer Schleier hat sich über den Chor der Ruine in Heisterbach gelegt. Carl Hasenpflug, einem Maler der Romantik, der sich unter anderem auf winterliche Ruinendarstellungen spezialisiert hatte und damit auch für andere Maler zum Vorbild wurde, wird dieses Gemälde im Siebengebirgsmuseum in Königswinter zugeschrieben. Der ganze Weltschmerz der Romantik, der Hang zum Vergänglichen und Morbiden manifestiert sich hier. Unzählige Künstler der ruinenseligen Romantik haben sich der Reste des Zisterzienserklosters Heisterbach angenommen - eine der großen emotionalen und politischen Landmarken der Rheinromantik.

Das um- und angebaute und völlig neu eingerichtete Siebengebirgsmuseum hat dem Komplex Heisterbach einen eigenen Schwerpunkt gewidmet. Elmar Scheuren, Direktor des Hauses, spricht von einem "mikroskopischen Blick": Anhand von Exponaten aus der Sammlung der Stiftung Abtei Heisterbach lässt sich der Weg vom mächtigen Kloster über die Ruine bis zu deren touristischer Vermarktung und Instrumentalisierung verfolgen. Plaketten wurden hergestellt, Legenden gewoben, Studenten und Turner posierten vor der Ruine. Oswald Achenbachs stimmungsvolles Gemälde vom nächtlichen Treiben vor dem Heisterbacher Baudenkmal zeigt, wie Ende des 19. Jahrhunderts die Rheinromantik gelebt wurde.

Computer-Rekonstruktion des Klosters Heisterbach

In konzentrischen Kreisen werden die Themen Landschaft und Rheinromantik im Museum weitergeführt. Scheuren kann dabei auf die Schätze der über 500 Werke umfassenden einzigartigen Sammlung Rheinromantik zurückgreifen, aus der bis zu 35 Bilder jeweils im Siebengebirgsmuseum gezeigt werden. So wie sich das Motiv Landschaft wie ein roter Faden durchs Haus zieht, so kommt der Parcours auch auf Heisterbach zurück: In der Abteilung "Spurensuche - Geschichte in der Landschaft", die schlaglichtartig einzelne Themen herauspräpariert, gehört eine Computer-Rekonstruktion des einst prächtigen Klosters zu den Hauptattraktionen.

Weitere Blicke in dieser vorbildlich inszenierten Abteilung richten sich in die Urzeit, aber auch auf die jüngere Geschichte. Spuren aus der NS-Zeit sind da ebenso zu sehen wie die Überbleibsel aus der zerstörten Oberdollendorfer Synagoge, eine Vase und ein angekokeltes Buch. Auch Notbehelfe aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, Zeugnisse von Entbehrung und Innovation mit primitivsten Mitteln werden zum Thema.

Multimedia und interaktive Elemente machen Besuch zu Erlebnis

Die 2,8 Millionen Euro teure Baumaßnahme, bei der der sanierte Barockbau von 1732 sowie die ebenfalls überarbeiteten Erweiterungen aus den 1980er und 1990er Jahren durch einen neuen Verbindungstrakt ergänzt wurden, war der erste Schritt. Für 650.000 Euro erhielt der Komplex dann ein völlig neu konzipiertes Innenleben "mit der Landschaft als roten Faden" (Scheuren). Anfang September wurde das Museum nach eineinhalb Jahren Umbau neu eröffnet, Ende Oktober zählte Scheuren bereits 1900 Besucher. Für ihn ist das ein Indiz, dass das neue Konzept gut angenommen wird.

Viele interaktive, multimediale Elemente und gleichsam "sprechende" Objekte machen den Gang durch die Jahrhunderte zum Erlebnis. Überaus originell wird etwa die touristische Entdeckung und Vermarktung des Rheins kolportiert: Das reicht vom Holz-Eselchen, auf das der letzte Fotograf am Fuße der Drachenfelsbahn, Richard Kern, die Touristen setzte, bis zur nachempfundenen Lobby des mondänen Düsseldorfer Hofs an der Königswinterer Rheinpromenade. In der "Lobby" kann man auch Platz nehmen - und sich Hotelgeschichten von Günter Alt anhören. Der markante Schauspieler vom Theater Bonn kommt per Monitor ins Haus.

Spätestens hier wird dem Besucher bewusst, dass er mit Landschaft und Rheinromantik ein Riesenthema vor sich hat, ein weites Feld, das von der Emotion bis zum Kalkül reicht, voller Sagen und Anekdötchen steckt und vom Alltag an der Lebensader Europas erzählt. Der Besuch lohnt sich - vielleicht zwischen den Feiertagen.

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