Thomas Freitag im Pantheon "Bedroht von Salatisten"

BONN · Herr Schüttlöffel, bitte ergeben Sie sich!", schreit es aus den Lautsprechern des Pantheon. Thomas Freitag alias Sebastian Schüttlöffel hat sich in seiner Bibliothek eingeschlossen.

 Kaltwütig: Kabarettist Thomas Freitag.

Kaltwütig: Kabarettist Thomas Freitag.

Foto: Pepijn Vlasman

Mit der von Schließung bedrohten Bibliothek schafft Freitag ein Sinnbild der Situation, die er in seinem Programm "Der kaltwütige Herr Schüttlöffel" anprangert: den Verfall der Kultur und des Bildungssystems in Deutschland.

Als Karl Marx, Friedrich Schiller oder Siggi von der Frittenbude zeigte Freitag im Pantheon sein schauspielerisches Talent. "Schmeißt meine Bücher weg!", fordert Thomas Freitag als Karl Marx. Desillusioniert schaut sich der Ur-Kommunist die heutige Welt an und revidiert seine Vorhersagen. Der Kapitalismus, meint er, könne noch so pervers werden, das Proletariat stehe trotzdem nie auf,. "Wir sind zu beschäftigt, uns über drei Paar Socken für zwei Euro zu freuen."

Siggi der Frittenbudenbesitzer ist ebenfalls unzufrieden. Der ständige Perfektionierungswahn der westlichen Welt habe sein Geschäft ruiniert. Heute müsse man dünn sein, um seine Disziplin und Effizienz zu beweisen. "Wer isst heute noch Fritten?", fragt er. "Unsere Kultur wird bedroht von Salatisten!"

Auch der Dichter Friedrich Schiller bekommt Probleme, als er versucht, einem Verleger sein Drama "Die Räuber" anzubieten. Erst ein intensives Beratungsgespräch schafft Abhilfe: Danach heißt das Buch "Die Räuberin" mit Karla Moor, der Profilerin mit Burnout und Intimpiercing, als Hauptfigur, die sich in Schweden in einen Adligen verliebt. "So verkauft es sich einfach besser", sagt Freitag.

Dabei sei jeder in diesem Land dafür, Bibliotheken und Schulen zu haben. Keiner wolle, dass Rentner auf weggeworfene Pfandflaschen angewiesen seien. Doch jeder glaube, wir könnten uns eine bessere Welt nicht leisten. Freitags Vorschlag ist ein Schuldenschnitt für Deutschland. "Dabei werden natürlich ein paar Menschen Kohle verlieren", räumt der Kabarettist ein. "Aber die brauchten das Geld sowieso nicht, sonst hätten sie es ja nicht verliehen."

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