Ausstellung Bühne frei für Malerei im Kunstmuseum Bonn

Bonn · Das Kunstmuseum Bonn vergibt den Preis der Dieter-Krieg-Stiftung an Monika Baer und erwirbt ein Werk der Künstlerin

Das Kunstwerk als Bühne und Falle zugleich: Was auf Monika Baers Bild „Set 4“ von 1995 passiert, ist großes Theater, mit malerischem Einsatz und Aufwand sowie allerlei Kniffen aus der Trickkiste der Illusionsmalerei betriebene Täuschung. In der Barockzeit und im selbstverliebten frühen 19. Jahrhundert haben sich Künstler mit derlei hyperrealistischen Kabinettstückchen einander übertroffen. Bei Baer kommen eine tiefe Skepsis über die Relevanz des gemalten Bildes und satte Ironie ins Spiel. Auf ihrem Gemälde haben die Akteure die Bühne verlassen, das Theater ist vorbei – übrig bleiben allerlei Requisiten, Vogelkäfige, eine Falle und ein leerer Blick in eine weite Leere am Horizont. Das entvölkerte Bühnenbild atmet den Kitsch von Märchenstücken oder Kindertrickfilmen. Man ist heilfroh, dass das Stück vorbei ist, und erliegt der Faszination von Baers artifiziellem Spiel mit der Sinnleere, dem Reiz dieser seltsam eingefrorenen Szenerie mit ihrer geradezu aufreizenden Buntheit.

Drei Jahre zuvor hatte sie Dalí-haft in einem kleinen Bild wacklige Bretter und Stangen, Andeutungen einer prekären Architektur, in eine weite karge Landschaft gestellt. „Jeder Strich ein Brett, es ging mir darum, irgendetwas aufzubauen“, sagt sie. Damals entwickelte sie „eine Art Grundvokabular“ ihrer Kunst, „ein brüchiges Alphabet“. Sie hatte gerade ihr Studium bei Alfonso Hüppi an der Düsseldorfer Akademie beendet – und begegnete der Malerei dem herrschenden Zeitgeist folgend mit großer Skepsis. Ein Zug, der ihr Werk bis heute begleitet. Drei Jahre nach dem Bühnengemälde „Set 4“ bekommt Baer ihren ersten Preis: das vom Bonner Kunstverein vergebene Peter-Mertes-Stipendium.

Auf der Wunschliste des Intendanten

20 Jahre später nun der nächste mit Bonn verbundene Preis. Als ausgewiesenes Malereimuseum erhielt das Kunstmuseum Bonn die Ehre und den Zuschlag für die Vergabe des Preises der Stiftung Dieter Krieg (der Vollblut-Maler Dieter Krieg lebte von 1937 bis 2005). Das Museum durfte in Absprache mit dem Stiftungskuratorium einen Künstler bestimmen, von dem ein Werk angekauft werden kann und der mit einer kleinen Ausstellung gewürdigt wird. Die Wahl fiel auf Baer, die seit 2009 mit „Set 4“, einer Dauerleihgabe der Sammlung Mondstudio, im Kunstmuseum vertreten ist und als Ausstellungskandidatin schon lange auf der Wunschliste von Intendant Stephan Berg seht – „2016 waren die Mönchengladbacher schneller“, sagt er. Auf dem Abteiberg war damals Baers „Große Spritztour“ zu sehen.

Nun konnte das Kunstmuseum Bonn für rund 50 000 Euro ein neues Werk von 2018 ankaufen – mit 15 000 Euro der Stiftung und Eigenmitteln. Das unbetitelte Werk wirkt wie eine flüchtige Farbspur auf der Leinwand. Kaum sichtbar verteilen sich hellrosa, lindgrüne und helle, graubraune Schlieren aus Metall- und Steinpigmenten wie ein dann und wann kompakter werdender Nebel. Zwei Tränentropfen fallen auf, die seitlich über das Bild zu kullern scheinen. Baer frönt auch hier der Lust zur Täuschung. Die Tränen sind vollplastisch wie Stuckapplikationen auf einem Rokoko-Deckengemälde. Ein kleines Detail, das dem ansonsten ziemlich ereignisarmen Bild den gewissen Kick gibt.

"Kleiner Feigling"

Ähnliches findet man in der von Christoph Schreier mit Werken aus 25 Jahren kuratierten Schau immer wieder: Das Fläschchen „Kleiner Feigling“, das unten rechts an den Keilrahmen geschraubt wurde (2013); die recht auffällige, unbeholfene Diebstahlsicherung mit einem Winkeleisen oder einem verschraubten Draht, die viel mehr Aufmerksamkeit erregt als die beiden gesicherten Bilder. Es wirkt, als seien die eigentlichen Bilder nur ein Vorwand, um diesen kleinen Sicherungs-Gag an die Museumswand zu bringen.

Im Gespräch dreht Baer eine weitere Pirouette: Die Maßnahmen suggerierten einen gewissen Wert der Gemälde, „so, als ob sie vor Diebstahl gehütet werden müssten“. Eigentlich ein Witz, denn die Bilder sind – mit Verlaub – recht schlampig mit einer fiesen, ekligen, gelben Industriefarbe gemalt, wie man sie in Badezimmern der 1950er Jahre findet. Baer macht daraus ein Stück absurdes Theater.

Kunstmuseum Bonn; bis 16. Juni. Di-So 11-18, Mi bis 21 Uhr. Am 1. Mai, 19 Uhr, Gespräch von Monika Baer und Christoph Schreier.

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