Kammermusikfest des Beethoven-Hauses Am Klavier die Krise überwinden

BONN · Wer heute etwas über Beethovens Leben erfahren möchte, kommt an dem Belgier Jan Caeyers nicht vorbei. Vor fast zwei Jahren erschien die Biografie "Beethoven - Der einsame Revolutionär" (Verlag C.H. Beck, München 2012. 832 S., geb., 29,95 Euro), für die er nicht nur mit enormem Fleiß Fakten zusammengetragen hat, sondern sie auch in einer eleganten Sprache zu vermitteln weiß. Wer Caeyers' Beethoven-Biografie liest, darf sich bestens unterhalten fühlen.

In der kommenden Woche wird Caeyers der Geburtsstadt Beethovens wieder einmal einen Besuch abstatten. Anlass ist die Beethoven-Woche des Beethoven-Hauses vom 29. Januar bis 2. Februar. Im Rahmen dieses Kammermusikfestes wird er über die Klaviersonate in e-Moll op. 90 sprechen, deren zweiten Satz Beethoven "Nicht zu geschwind und sehr singbar vorzutragen" überschrieb. Daraus leitet das kleine Festival sein Motto "Sehr singbar" ab.

"Wenn Beethoven in einer Krise war, in eine musikalische Sackgasse geriet, fand in seiner Klaviermusik wieder heraus. Ich werde versuchen, dem Publikum vor diesem Hintergrund zu erklären, warum diese Sonate op. 90 so anders ist, als alles, was Beethoven vorher komponierte."

Für Caeyers ist es klar, dass - gerade auch im Falle Beethovens - Krisen immer eine Herausforderung sind. Man muss eben nur in der Lage sein, sie positiv zu verkraften, statt an ihnen zu zerbrechen. Beethoven sei durch eine harte Jugend geprägt worden, sagt Caeyers, in der er gelernt habe, sich mit einer ordentlichen Portion Dickköpfigkeit durchzusetzen.

Dass aus dem jungen Ludwig van Beethoven aus Bonn eines Tages einer der größten und bedeutendsten Künstler werden sollte, ist nach Caeyers' Meinung zu einem großen Teil die Folge soziologischer, kultureller und historischer Bedingungen, mit denen Beethoven sich konfrontiert sah. "20 Jahre früher oder 20 Jahre später hätte er eine völlig andere Entwicklung genommen."

Natürlich wäre auch dann aus ihm ein guter Komponist geworden - einer vom Schlage eines Ludwig Spohr vielleicht, meint Caeyers. Man wisse ja, wie talentiert Beethoven als junger Musiker gewesen sei. Aber das alle überstrahlende Genie wäre er in einer anderen Zeit wohl nicht geworden, ist der Musikologe und Dirigent überzeugt.

Beethovens sprichwörtliche Dickköpfigkeit war aber nur die eine Seite seiner Persönlichkeit, meint Caeyers. Die vielen Freundschaften, die er pflegte, weisen auch auf eine ganz andere Seite seiner Persönlichkeit hin. "Er war ohne Zweifel eine reizende, charismatische Figur", meint Caeyers. "Und sehr humorvoll. Man hat eigentlich immer das Bild des alten Beethoven vor Augen und verallgemeinert das für sein ganzes Leben."

Caeyers hat für seine Beethoven-Biografie nur wenig Originalquellen gesichtet. "Ich habe mein Buch auf der Basis von Informationen geschrieben, die andere Forscher und Biografen vor mir zusammengetragen haben", sagt er. "95 Prozent der Beethoven-Literatur habe ich in meiner Bibliothek stehen." Und warum dann eine neue Biografie? "Weil jede Generation ihre Sicht auf Beethoven neu formulieren muss", sagt Caeyers.

"Sie ist ein Zeugnis der Beziehung meiner eigenen Zeit zu Beethoven. Die Chance, dass es noch sehr viel neue Fakten geben wird, ist gering. Aber ohne Zweifel wird jemand in zehn oder zwanzig Jahren wieder eine neue Biografie schreiben."

Info: Freitag, 31. Januar, 13 Uhr, "Lecture for Lunch" mit Jan Caeyers. Um 20 Uhr spielt der Pianist Gerhard Oppitz im Rahmen seines Klavierabends im Kammermusiksaal unter anderem Beethovens op. 90

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