Ausstellung für Kinder und Jugendliche Zwischen Traum und Wirklichkeit

Bonn · Karin Kneffels rätselhafte Bildkompositionen im Kunstmuseum sind spannend wie ein Hitchcock-Thriller

 Man möchte kräftig wischen: Karin Kneffels Arbeit ohne Titel, 2015 , Sammlung Droege, VG Bild-Kunst, Bonn 2017.

Man möchte kräftig wischen: Karin Kneffels Arbeit ohne Titel, 2015 , Sammlung Droege, VG Bild-Kunst, Bonn 2017.

Foto: Kneffel

Es ist bereits die 17. Ausstellung für Kinder und Jugendliche im Kunstmuseum, die am Sonntagmittag dort mit einem sich anschließenden Workshop eröffnet wird. Für Konzept und Kontinuität zeichnet Kuratorin Sabina Leßmann verantwortlich, die es auch in diesem Jahr scheinbar mühelos geschafft hat, eine Präsentation anzubieten, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen fordert und anspricht. Also keine abgespeckte Version von Kunst für die Kleinen, sondern, wie Intendant Stephan Berg es formuliert, „eine Ausstellung auf Höhe unserer Sammlung, ohne Tralala“.

Dafür ist Karin Kneffel genau die Richtige. Die Arbeiten der in Düsseldorf lebenden und in München lehrenden 60-jährigen Künstlerin gehören zum Besten, was malerisch derzeit in Deutschland zu haben ist. Mittlerweile wird die einstige Meisterschülerin von Gerhard Richter von der Galerie Gagosian vertreten, was die Preise in beinahe unerschwingliche Höhen treibt, zumindest für das Bonner Kunstmuseum, das kein Kneffel-Bild in seiner Sammlung hat.

Dabei würde Kneffels realistische Malweise als Position nicht nur exzellent zur Konzeption des Hauses passen. Es gibt sogar konkrete inhaltliche Bezüge, denn in mehreren Arbeiten taucht der Innenraum des von Mies van der Rohe gebauten „Haus Lange“ in Krefeld auf, mit etlichen berühmten Kunstwerken darin. Neben Lehmbruck, Kirchner und Picasso ist auf alten Fotografien von 1930 August Mackes „Große Promenade“ von 1914 zu erkennen. Karin Kneffel lässt in mehreren Gemälden die früheren Räume im „Haus Lange“ mit Möbeln, Kunst und Ausstattung lebendig werden und baut in diesen Illusionismus zugleich einen oder mehrere ihrer doppelten Böden ein.

Auf Karin Kneffels Bildern ist vieles zu erkennen und zu benennen, aber kaum etwas, wie es scheint. Wir schauen auf Innenräume, getrennt durch imaginäre Glasscheiben, an denen Wassertropfen herunterlaufen. Man möchte kräftig wischen, um die verschwommenen Figuren besser erkennen zu können. In anderen Großformaten dienen Häuserwände im Dämmerlicht als Projektionsfläche für farbige Schattenspiele und Szenen aus Hitchcock-Filmen.

Der Betrachter wird ins Bild verführt und zugleich auf Distanz gehalten. Das alles ist in seiner Un-Eindeutigkeit äußerst spannend und lässt sich mit jungen Museumsbesuchern wunderbar entdecken. Dabei helfen zwölf Bilderkarten in Postkartengröße, die – statt Katalog – einiges an Information über Bildmotive und die Malerin selbst liefern, aber vor allem viele Fragen stellen. Zum besseren Entdecken und dem dafür nötigen Perspektivwechsel verhilft außerdem eine großflächige Sitzlandschaft in der Mitte des Raumes, von der aus deutlich wird, dass Karin Kneffels Bilder auch untereinander gesprächsbereit sind. Man möchte dem ausgiebigen Rahmenprogramm von „Bild im Bild“ viele Teilnehmer wünschen, aber dies ist auch ein Beispiel für eine Ausstellung, in der es nicht unbedingt einer Anleitung bedarf, um miteinander über Kunst zu reden.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2, Eröffnung 30. April, 12 Uhr, bis 3. September, Di-So 11-18, Mi 11-21 Uhr. Begleitprogramm mit Familienateliers, Workshops und Führungen für Kinder, Jugendliche und Familien.

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