Science Slam und Lesung in Beuel Wladimir Kaminers Debüt im Bonner Pantheon

Ann-Charlott Schneider von der Uniklinik Köln überzeugte beim Science Slam im Pantheon. Der Berliner Kultautor Wladimir Kaminer war ebenfalls dort zu Gast.

 Debüt auf der Beueler Bühne: Wladimir Kaminer erzählt im Pantheon „Alles über meine Frau“. FOTO: HARALD KIRSCH

Debüt auf der Beueler Bühne: Wladimir Kaminer erzählt im Pantheon „Alles über meine Frau“. FOTO: HARALD KIRSCH

Foto: k

So, und genau so, sieht jemand aus, der alles richtig gemacht hat: Während die Zuschauer beim restlos ausverkauften 19. Science Slam im Pantheon noch laut und anhaltend applaudieren, streift Ann-Charlott Schneider von der Uniklinik Köln dort oben auf der Bühne die goldenen Sieges-Handschuhe über. Auch wenn die für das, was sie sonst tut, denkbar ungeeignet sind. Schneider nimmt an einem Forschungsprogramm der Augenklinik am Universitätsklinikum Köln teil. Ihr Thema: „Warum Gefäße für die Hornhaut schlecht sind.“ Die Folien für den Science Slam hat sie selbst gezeichnet. Ihre Idee, das Problem möglicher Abstoßungsreaktionen bei Hornhauttransplantationen mit Streiks oder Taschendiebstählen im Fernverkehr der Deutschen Bahn zu verbinden, ist so originell wie einleuchtend. Und die Erleichterung, dass es in den nächsten zehn Minuten nicht um ungepflegte Füße, sondern vielmehr um hochkomplexe Augenheilkunde gehen wird, ist manchem im Publikum auch direkt am Gesicht abzulesen.

Das Applausometer ist an diesem Abend so unbestechlich wie eindeutig. Und ganz zu Recht. Wenn auch schade für die anderen, die mit ihren Ausführungen über Kannibalismus unter Salamandern auf der japanischen Insel Hokkaido, mit einer historischen Modenschau, mit Weltraumpsychologie oder den traditionellen Geschlechterrollen im Film „Der König der Löwen“ Akzente gesetzt und – der Aufzählung folgend – mal mehr und mal weniger überzeugt haben. Wer Schneiders Nachfolge antreten wird, entscheidet sich beim nächsten Science Slam am 29. Oktober.

Etwa dann – so verspricht Wladimir Kaminer – möchte er seine neue Geschichtensammlung über Kreuzfahrer vorlegen. Nicht die zu Pferd mit dem Kreuz auf der gepanzerten Brust, sondern vielmehr Deutsche auf Urlaubsschiffen. Das Thema reizt den auch hier bestens bekannten Berliner Kultautor, der nun auch sein Debüt auf der Beueler Bühne gegeben hat. Seine letzte Lesung am Bundeskanzlerplatz dürfte derselben Regel gefolgt sein wie auch dieser Abend mit dem selbstironisch-charmanten Gast: Das angekündigte Thema „Alles über meine Frau“ ist mehr als Vorschlag zu verstehen. Immerhin erfahren wir, dass Olga Kaminer einen ziemlich grünen Daumen hat und ein großes Herz für das, was ihre deutschen Nachbarn als Unkraut diffamieren. Und dass sie auf Kreuzfahrten – ebenso wie ihr in 14-tägiger Dauerlesung befindlicher Mann – absolut kein Interesse an Pelzprodukten hat. Das kann so russisch sein, wie es will. Aber dafür sind sie dann inzwischen doch zu deutsch geworden. Oder?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Eine Szene aus „One Life“: Anthony
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony HopkinsHeld ohne Heldenpose
Zum Thema
Aus dem Ressort