Jazz im Arithmeum Bonn Wenn es dunkel wird in Amsterdam

Bonn · Das „Ambassador Quartet“ der WDR Big Band mischt das Bonner Arithmeum unter dem Motto "Bebop from Cologne" auf.

 Brillanter Solist: John Marshall.

Brillanter Solist: John Marshall.

Foto: Marshall

Solche Klänge hat man schon länger nicht mehr im Glaskasten an der Lennéstraße gehört. Als das Arithmeum seine Reihe der Concerti dis-creti startete, gehörte der Jazz noch zum Programm. Dann verschwand er. Und jetzt, am Montagabend, war er plötzlich wieder da und gleich mit einer herausragenden Formation und mit „Bebop from Cologne“. Seit Mitte der 1950er Jahre waren die „Jazz Messengers“ um Horace Silver und Art Blakey die Boten des Bebop beziehungsweise des Hard Bop, des modernen Jazz. Dass diese Musik noch immer frisch und explosiv ist, das zeigte nun das „Ambassador Quartet“ im Arithmeum, eine Formation des Trompeters John Marshall aus Musikern der WDR Big Band und Gästen.

Unberechenbare Jazzer im Institut für diskrete Mathematik: eine schöne Vorstellung. Mit Charlie Parkers „Chi-Chi“ begann der Abend fulminant, präzise im Zusammenspiel, verspielt und fantasievoll bei den Improvisationen.

Gerade hier, aber auch bei Nummern von Dizzy Gillespie („Tin Tin Deo“) und in dem wunderbar arrangierten „Amsterdam After Dark“ von George Coleman zeigte sich, dass jeder der fünf Ensemblemitglieder auch ein ausgezeichneter Solist ist. Marshall und der herausragende Saxofonist Johan Hörlen – beide Musiker der WDR Big Band – spielten sich etwa bei Marshalls „Bada Bing“ die Bälle zu. In „But Beautiful“ legte Marshall mit leicht brüchiger Stimme vor, Hörlen steuerte Gefühl und Schmelz bei. Großartig auch John Goldsby, Bassist der Kölner Big Band, der etwa in „Tin Tin Deo“ ein rhythmisch vertracktes, sehr inspiriertes Solo hinlegte.

Der niederländische Pianist Timothy Banchet fügte sich wunderbar in das WDR-Team ein, setzte bei jeder Wendung des ausgezeichneten Programms Akzente – ob es zügig wie beim Bebop-Klassiker „Little Willie Leaps“ zuging, gefühlvoll wie in der Ballade „Dedicated To You“ oder explosiv-funky wie in dem entfesselten „Houston Street Beat“ (Marshall), eines der besten Stücke des Abends. Als Meister der Coolness gab der stoische Schlagzeuger Marcel Serierse aus Rotterdam seine Visitenkarte ab. Versiert, perfekt getaktet, einfallsreich – aber fast ohne die Miene zu verziehen – sorgte der Drummer des Jazz Orchestra of the Concertgebouw für Tempo und schöne Effekte. Mit „Little Girl“ verabschiedeten sich die umjubelten „Ambassardors“. Ein schöner Anreiz fürs Arithmeum, Jazz wieder ins Programm zu nehmen.

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