Ausstellung in Bonn Walter Dohmen ist ein Meister der tanzenden Linie

Bonn · LVR-Landesmuseum Bonn zeigt Druckgrafik aus der 400 Blätter umfassenden Schenkung des Künstlers Walter Dohmen

 Walter Dohmens Collagrafie „In Bewegung“ von 2018.

Walter Dohmens Collagrafie „In Bewegung“ von 2018.

Foto: LVR/Vogel

Manche Wendung im künstlerischen Werk hat ganz simple und profane Gründe. Gefragt, wieso er denn so gerne und vor allem kontinuierlich Körper in Bewegung aufs Papier bringe, antwortete der Künstler Walter Dohmen am Mittwoch bei der Vorstellung im LVR-Landesmuseum mit einer entwaffnenden Offenheit: Ein Kunststudium alleine schien ihm zu riskant – „Ich hatte eine Familie zu ernähren“ –, also studierte er noch Sport dazu, gab Sportunterricht. Die Faszination für Bewegung und Dynamik, insbesondere für den Tanz bereicherte sein künstlerisches Werk. 2013 etwa entstand eine Kupferstichserie, die alle möglichen Temperamente und Bewegungen durchspielt: „Staunende“, „Kickende“, „Tanzende“, „Springende“, „Hüpfende“, „Läufer“ und „Ballerina“. Grundmuster ist stets eine verspielte, bisweilen wilde und doch präzise gesetzte Linie, die im Laufe der Bewegung eine Eigendynamik entwickelt.

Genauso offen berichtet Dohmen über die Risiken seines Metiers: Griffel, die richtig in der Hand liegen müssen, die harte Arbeit mit dem Material Kupfer, das keine Fehler verzeiht, die Dämpfe des Säurebads, die etliche Kollegen das Leben gekostet haben. Und doch ist der 78-Jährige ein leidenschaftlicher Radierer und Kupferstecher auf den Spuren der ganz Großen dieser Medien: Dürer, Schongauer und Cranach mit dem Kupferstich, Rembrandt mit Kaltnadel und Radierung, die Reservage bei Picasso, die Collagrafie bei Miró und Tápies, schließlich Kollwitz mit Vernis Mou. Dohmen hat Künstler und Techniken intensiv studiert.

Großzügige Schenkung

Der versierte Grafiker wurde vor 78 Jahren in Langerwehe bei Düren geboren, erhielt seine Ausbildung an den Werkkunstschulen in Aachen und Köln, war von 1969 bis 1982 als Kunsterzieher tätig und dann Dozent für Druckgrafik an der Fachhochschule Köln (Kunst und Design). Als europaweit gefragter Grafikexperte hat er an vielen Orten gelehrt. 2018 würdigte das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum sein Lebenswerk mit dem Ankauf von 42 Arbeiten und der Ausstellung „Arbeiten auf Papier aus fünf Jahrzehnten“. Dem LVR-Landesmuseum hat Dohmen einen Abzug von jeder seiner Druckgrafiken geschenkt – insgesamt 400 Blätter. Hundert davon sind jetzt unter dem Motto „Bewegte Linie“ in der Ausstellung zu sehen, ein erster Werkkatalog über die Tiefdruck-Grafik ist parallel erschienen.

Die Ausstellung zeigt nicht nur an den Wänden die breite Palette druckkünstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten von Dohmen, sie präsentiert auch in drei Vitrinen das Handwerkszeug des Kupferstechers, Lithografen, Radierers und Graveurs. Was fehlt, ist eine Erklärung der komplexen Techniken. Die seien, meint Landesmuseums-Direktorin Gabriele Uelsberg, auf dem Rückzug oder bereits bei jungen Menschen in Vergessenheit geraten. Vielleicht lässt sich Uelsberg ja noch zu Erklärungstexten zu den Drucktechniken von der Kaltnadel bis zur Heliogravüre überzeugen.

Die Erfindung des Drucks mit „resistenten Tuschen“

Ganze Überzeugungsarbeit leistet Dohmens Druckkunst, die in schöner Ausführlichkeit die Möglichkeiten der verschiedenen Techniken vor Augen führt: Die Präzision des Kupferstichs und die ruppige Härte der Kaltnadelradierung, das feine Spiel des Roulettes und die unerschöpflichen Strukturen, die die Technik des Vernis Mou eröffnet. Aquatinta und Mezzotinto beeindrucken durch ihre Tonigkeit, die Radierung durch ihre samtige Linie. Am spannendsten, ist, wenn sich Dohmen vom Motiv löst, in einem abstrakten Spiel die Kräfte der grafischen Technik zur Entfaltung kommen lässt. Ein Schauspiel.

Dohmen hat immer gerne experimentiert. Ein Blatt entstand, wie auch immer, mit „Safttasche, Te-trapack, beschichtetem Aluminium und Acryl“. Quasi erfunden hat er die Arbeit mit „resitenten Tuschen“. Für Dohmen die ideale Technik für eine extrem freie und lebendige Umsetzung seiner Ideen – mit der Eleganz eines lockeren Pinselstrichs.

LVR-Landesmuseum Bonn: bis 21. April. Di-Fr, Sa 13-18 Uhr, So 11-18. Sammlungskatalog „Walter Dohmen: Die bewegte Linie – Tiefdruck“, 15 Euro.

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