Trauern und tanzen Elton John begeistert in der Lanxess-Arena

Köln · Elton John und Band begeistern 11.000 Fans in der Kölner Lanxess-Arena. Die Stimme hat immer noch Kraft und Bardenglanz.

La-Lala-Lala-Laa“ singen 11 000 Menschen in der Kölner Lanxess-Arena den Speedy-Gonzales-Teil von „Crocodile Rock“. Sie tun es mit Begeisterung, aber sotto voce. Die Uhr zeigt neun Minuten vor 22 Uhr, das Konzert von Sir Elton John am Dienstag ist fast zu Ende.

Insgesamt wird es zwei Stunden dauern, an deren Ende der Brite mit dem fransigen Bubikopf und der großen, glitzernden Brille noch einmal sein Klagelied um Norma Jean anstimmt, die verloschen ist wie eine Kerze im Wind. Das Konzert hinterlässt ein merkwürdiges Gefühl. Vielleicht, weil das Tourmotto falsche Erwartungen weckt. Titelgebend ist das 30. Studioalbum „Wonderful Crazy Night“, das im Februar 2016 erschien. Eine wundervolle, verrückte Nacht stellt man sich anders vor. Wilder, ausgelassener, weniger kontrolliert.

Das Intro „The Bitch Is Back“ ist da schon ein Schritt in die richtige Richtung – und alle im Innenraum springen auch von ihren Stühlen auf, wenn der Rocksong erklingt, der 1974 Skandal machte. Heute blinkt das böse Wort in Riesenlettern und knalligem Rot über der Bühne. Die meiste Zeit sitzt John am Flügel, bei jeder seiner Bewegungen glitzert es, sein Gehrock ist mit Strass besetzt. John Mahon (Percussion, Gesang), Kim Bullard (Keyboard), Matt Bissonette (Bass), Davey Johnstone (Gitarre, Gesang) und Nigel Olsson (Schlagzeug, Gesang) tragen Hemd, Schlips und Anzug. Hat was von den Beatles der Frühzeit, während die Videoeinspielungen mit ihren Palmen bei Nacht und ihren leckenden Flammenzungen an Foto-tapeten und Fernsehbildschirmschoner in Hotelzimmern erinnern. Auf der Setlist stehen zwei Stücke vom aktuellen Album, ansonsten gibt's die geballte „Greatest Hits“-Ladung von „Bennie And The Jets“ über „Daniel“ und „Tiny Dancer“ bis hin zum „Rocket Man“.

Johns Stimme hat immer noch Kraft und Bardenglanz, aber wenn er geht, dann wirkt er betagt. Der Mann ist 70 und hat einen Herzschrittmacher, seine Söhne sind sechs und vier Jahre alt. „Wir leben in einer verrückten, feindlichen Welt. Ich konnte mir mein ganzes Leben lang nie vorstellen, in einer solchen Welt zu leben“, sagt er vor „I Want Love“ in einer seiner wenigen Ansagen.

Er widmet das Stück den Opfern von Berlin, London, Manchester, Paris, Orlando, Nizza und Stockholm. Und nimmt bei „Don't Let The Sun Go Down On Me“ noch einmal Abschied von George Michael. Dessen Foto wird passend dazu über einem Sonnenuntergang gezeigt. Wenn das Publikum bei „I'm Still Standing“ beginnt zu tanzen, hat das etwas von einem Befreiungsschlag, der Terror und Tod vergessen macht.

Die Menschen tanzen bei „Your Sister Can't Twist (But She Can Rock'n Roll)“ und bei „Saturday Night's Alright For Fighting“ und hören bis zum Song „Crocodile Rock“ nicht auf.

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