Buchtipp Storys aus Amerika

Bonn · Der gerade 70 Jahre alt gewordene Autor T.C. Boyle hat einen spannenden Band mit Erzählungen aus den USA vorgelegt. "Good Home" versammelt 20 Storys und unzählige Schicksale

 KritischerGeist: US-Kultautor T.C.Boyle

KritischerGeist: US-Kultautor T.C.Boyle

Foto: dpa

T.C. Boyle (Tom Coraghessan Boyle), ist gerade 70 geworden. Wäre ein schöner Anlass für den Literaturnobelpreis gewesen – wäre er denn 2018 vergeben worden. Jedenfalls fällt sein Name immer, wenn es um Kandidaten für diese Ehrung geht. Er hat 16 Romane geschrieben. „Wassermusik“, 2014 in einer tollen deutschen Neuübersetzung erschienen, sein Debüt-Roman, war ein großer Erfolg. „América“ (1995) ist ein ungemein aktuelles Werk, handelt von mexikanischen Einwanderern in den USA.

Sein Erzählungsband „Good Home“ (Hanser 429, 23 Euro) knüpft am ehesten an diesen sehr kritischen, sehr politischen Roman an, wobei man sagen muss, dass sich dabei auch Erzählungen finden, bei denen es um sehr private Schicksale und Tragödien geht. Die freilich sind eingebettet in einen gesellschaftlichen, politischen Kontext.

20 Erzählungen vereinigt der Band, bis auf eine oder zwei sind sie sehr zu empfehlen. „Drei Viertel des Wegs zur Hölle“ etwa handelt von zwei Sängern, die schon bessere Zeiten erlebt haben und an einem ungemütlichen Winterabend in einem New Yorker Studio aufeinandertreffen. Es ist der Italo-Schmalzsänger Johnny Bandon und seine Kollegin Darlene. Sie nehmen an diesem trostlosen Abend eine Weihnachtsplatte auf mit „Let It Snow“, Baby, It's Cold Outside“ und anderen Klassikern. Sie können gar nicht aufhören zu singen. Boyle schildert diese Atmosphäre sehr schön. Eine traurige und zugleich romantische Story. „Tod in Kitchawank“ umfasst für eine Erzählung die unglaubliche Spanne von 30 Jahren. Sie beginnt in der Nixon-Zeit an einem See im Staat New York, wo Miriam und Sid immer wieder zusammenkommen. 30 Jahre lang verfolgt Boyle dieses Paar und die Gesellschaft am See, es geht um die Idylle und deren Auseinanderbrechen, um Träume, Enttäuschungen, Lebensrituale und Wohlstand. Das Ende ist tragisch.

Die Titelgeschichte „Good Home“ ist wirklich nur etwas für Hartgesottene. Bitterböse, brillant geschrieben, unglaublich spannend geht es hier um moralische Abgründe und eine zarte Romanze. Es geht um den Makler Royce, der sich als zweites Standbein eine Kampfhundezucht aufgebaut hat. Gemeinsam mit seinem „Neffen“ Joey fährt er zu Leuten, die per Inserat Tiere in gute Hände abgeben wollen. Was die Menschen nicht wissen: Die Tiere sind als Köder für die Kampfhunde gedacht. Einer dieser gutgläubigen Menschen ist Chelsea, die sich in Royce verliebt.

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