Stephan Sulke im Haus der Springmaus Stimme wie ein Kaminfeuer

Der Liedermacher Stephan Sulke hat noch immer ein Händchen für Balladen. Damit begeisterte er das Publikum im Haus der Springmaus.

 Tiefe Gefühle sind seine Welt: Stephan Sulke im Haus der Springmaus. FOTO: KÖLSCH

Tiefe Gefühle sind seine Welt: Stephan Sulke im Haus der Springmaus. FOTO: KÖLSCH

Foto: Thomas Kölsch

Auf die ganz tiefen Gefühle versteht Stephan Sulke sich am Besten. Wahrhaftige Liebe etwa, oder mitternachtsblaue Melancholie, von dem altgedienten Liedermacher in schmerzlich-schöne Klänge gebettet und von einer Intensität durchdrungen, die nur wenige Künstler in Töne fassen können. Einst gab es dafür den unerreichten Jacques Brel, aber heute? Tim Fischer sicherlich, der seine Seele bloßlegt und die Zuhörer ganz tief in den Hort der Sehnsucht eintauchen lässt – und eben Sulke, der eher für ein wohliges Gefühl sorgt, einem Kaminfeuer gleich, das alle Anspannung vertreibt und das Herz sich öffnen lässt. Im Haus der Springmaus hat er nun einmal mehr sein Publikum gerührt und bewiesen, dass er mehr ist als ein „verwelkter, Schnulzen singender Poet“, wie er einst selbstironisch über sich dichtete.

Natürlich ist Sulkes Stimme nicht mehr ganz so voll wie noch vor 35 Jahren, als er der verschrobenen „Uschi“ hinterherlief oder mit dem „Mann aus Russland“ diskutierte, für Katja Ebstein oder Erika Pluhar schrieb und selbst große Hallen zu füllen verstand. Im Edelmetallalter muss man eben Abstriche machen. Vor allem in den Höhen erinnert Sulke mitunter an einen Helium atmenden Udo Lindenberg – doch dann sinkt er wieder in eine warme Baritonlage und verzaubert das Publikum mit seinem herrlichen Erzählstil. Wenn er etwa ein altes Zimmer ehrt, die Ballade von „Tommy“ singt oder das grandiose „Bist wunderbar“, kribbelt die Gänsehaut, während alles andere ausgeblendet wird. Stark auch „Ich hab dich bloß geliebt“, das Herbert Grönemeyer einst mit dem ihm eigenen bellenden Tonfall coverte: „Diese Dobermann-Version fand ich zunächst nicht so dolle“, gesteht Sulke, „aber dann kam der erste Scheck von der Gema.“ Dennoch hat seine zärtliche „Miau-Miau-Fassung“ einfach mehr Charme, ist authentischer und ehrlicher.

Auch neue Lieder hat Stephan Sulke im Gepäck, im Juni soll eine neue Platte erscheinen. Die meisten der oft recht knapp gehaltenen Titel fügen sich nahtlos in das Gesamtwerk ein, sind entweder sehr gefühlsvoll oder mit spitzbübischem Augenzwinkern versehen. Störend ist lediglich der Drang des 73-Jährigen, sich am Keyboard zu versuchen, was entweder in Playback-Streicherteppichen aus dem Baukasten oder künstlich quietschenden Orgelklängen resultiert. „Wieso kriege ich da nur so 'nen bescheuerten Sound raus, den ich nicht mag?“, fragt Sulke selbst. Gegenfrage: Warum nicht einfach auf derartige Spielereien verzichten und es bei Gitarre und Klavier belassen? Passt eh besser. Und spielen kann Sulke beides gleichermaßen gut.

Das Publikum ist dennoch begeistert und mitunter erstaunlich textsicher. Genüsslich folgt es den amüsanten Eskapaden Sulkes, den wahren und den vielleicht etwas überzeichneten Geschichten, den Balladen und den Mahnliedern. Ein schöner Abend mit viel Humor. Und eben mit tiefen Gefühlen.

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