Neue Alben von Altmeistern Simple Minds: Entschleunigung und Energie

Neue Alben von Altmeistern: Simple Minds spielen unplugged, Little Steven gibt sich ganz ehrlich.

 Unplugged, und zwar in Zermatt 2016: Jim Kerr und Band.

Unplugged, und zwar in Zermatt 2016: Jim Kerr und Band.

Foto: picture alliance / dpa

Mitte der 1980er Jahre waren die Simple Minds, vom New Wave beeinflusste Repräsentanten eines elektronischen Romantizismus, ganz oben: mit Hits wie „Don't You (Forget About Me)“, „Alive And Kicking“, „Sanctify Yourself“ und „Ghost Dancing“. Tanzbar und mit karaokeverdächtigen Refrains nisteten sich die Songs der Band im kollektiven Bewusstsein ein. Stücke wie „Promised You A Miracle“ und „Belfast Child“ sind Klassiker der Popkultur.

Das Musikmagazin „Sounds“ analysierte einmal den Simple-Minds-Sound, entdeckte Choräle, stakkatohafte Pianopassagen, Synthesizerklangwolken, Gitarrenglissandi, Rückkoppelungseffekte. Das Magazin sah eine „transzendentale Tanzmusik für höhere Bewusstseinsebenen, die es so vorher noch nicht gegeben hat“.

Die Tanzmusik klang manchmal gnadenlos bombastisch. 2009 spielte die Band auf dem Bonner Museumsplatz, der damals noch ein Open-Air-Spielort war. Da ließen sie es ruhiger angehen: ganz entspannt, mit viel Sinn für Understatement. „Belfast Child“ interpretierte Jim Kerr als pathetische Elegie, so intensiv, dass es zu Herzen ging. 2014 auf dem Kunst!Rasen legten die Schotten dann wieder eine Schippe drauf.

2016 haben sich die Musiker um Sänger Kerr und Gitarrist Charlie Burchill offenbar ans Jahr 2009 erinnert und den zurückgenommenen Stil konsequent weiterentwickelt. Resultat war das Album „Acoustic“. Jetzt haben sie nachgelegt: „Acoustic In Concert“ präsentiert 16 Songs im puristischen Gewand.

Selbstporträt durch die Songs

Man muss die großartigen Musiker nennen, die Kerr und Burchill unterstützt haben, um Songs wie „New Gold Dream (81-82-83-84)“, „Promised You A Miracle“ und „Alive And Kicking“ neu zu erfinden: Ged Grimes (Bass), Gordy Goudie (Gitarre), Cherisse Osei (Schlagzeug), Sarah Brown (Gesang), Catherine Davies aka The Anchoress (Gesang) und Stargast Steve Harley, der für den klassischen Cockney-Rebel-Song „Make Me Smile (Come Up And See Me)“ auf der Bühne stand.

Das Konzert im Hackney Empire in London wurde 2016 für die BBC-Radio-2-Serie „In Concert“ mitgeschnitten. Ein Glücksfall.

Little Steven, auch bekannt als Steven Van Zandt, hat Bilanz gezogen. „Soulfire“ ist der Titel seines ersten Soloalbums in fast zwei Jahrzehnten. Wer bin ich, hat er sich gefragt. Antwort: „Ich bin quasi ein eigenes Genre. Darum habe ich Songs ausgewählt, die in ihrer Gesamtheit ein ehrliches Bild von mir ergeben: ein paar Cover, ein paar neue Songs und einige der meiner Meinung nach besten Songs aus meinem Katalog. Auf dieser Platte zeige ich mich selbst.“ Das Selbstporträt weist unübersehbare Ähnlichkeit mit dem US-Überrocker Bruce Springsteen auf, dessen E Street Band Steven Van Zandt angehört. Mit Springsteen schrieb er den Song „Love on The Wrong Side Of Town“, den er für „Soulfire“ aufgenommen hat.

Auf dem Album kollidieren Rockgitarren und Soulbläser auf produktive Weise. Little Stevens Stimme beweist, wie viel Springsteen in ihm steckt. Der kleine Steven muss sich hinterm großen Boss nicht verstecken.

Simple Minds: Acoustic In Concert. DVD und CD. Eagle Rock Entertainment/Universal Music. Little Steven: Soulfire. Wicked Cool Records/Universal.

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