Theater in Bonn Simon Solberg zeigt Mord im Steuerparadies

Bonn · Simon Solberg bringt am Donnerstag sein Stück „Oh wie schön ist (Panama) Malta“ in der Werkstatt auf die Bühne. Untertitel: „Ein Recherche-Thriller über europäische Steueroasen.“

 Verwirrende Faktenfülle: Szene aus dem Malta-Stück. FOTOS: THILO BEU

Verwirrende Faktenfülle: Szene aus dem Malta-Stück. FOTOS: THILO BEU

Foto: Thilo Beu

Gespenstische Netzwerke, die den Globus wie ein Krake im Würgegriff haben; eine teuflische Allianz von Geldanlegern, Politikern, Präsidenten und Regierungschefs; ein Geflecht von Scheinfirmen, Geldwaschanlagen und Steuervermeidungsparadiesen: 2016 öffneten die Panama Papers die Büchse der Pandora. 11,5 Millionen vertrauliche Dokumente des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca brachten die Korruptionsbombe zur Explosion.

Unzählige Journalisten des später mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) werteten das brisante Material aus. Die maltesische Bloggerin Daphne Caruana Galizia gehörte zu dem weltweiten Rechercheteam, begann einen Kreuzzug gegen Korruption auf Malta, belastete sogar den Premierminister und dessen Frau. Es folgten Morddrohungen gegen die Journalistin. Am 16. Oktober 2017 riss eine Autobombe sie in den Tod. Die Hintermänner sind noch heute unbekannt.

Durch einen befreundeten Journalisten kam der Bonner Regisseur und Schauspieler Simon Solberg auf die Idee, den Stoff auf die Bühne zu bringen. „Die Ohnmacht, in der wir uns befinden, hat mich fasziniert“, sagt er und staunt noch heute über „die unfassbare Steuervermeidung in diesem Ausmaß – das Gruseligste war, dass nur in Malta diese Zustände hochgeploppt sind – und dass etliche deutsche Firmen beteiligt sind“.

Am Donnerstag feiert Solbergs Stück „Oh wie schön ist (Panama) Malta“ seine Uraufführung in der Werkstatt des Theaters Bonn. Untertitel: „Ein Recherche-Thriller über europäische Steueroasen.“

Verbindungen zwischen Malta und Deutschland

Die Zuschauer folgen der fiktiven Investigativ-Journalistin Laura, die als Mitglied des ICIJ die Panama-Papers sichtet, dabei von einer Abstrusität zur nächsten gelangt, neuen Spuren nach Malta folgt. Der kleine Inselstaat hat sich in ein Paradies für Briefkastenfirmen und globale Glücksspielplattformen verwandelt. Laura trifft dort auf ihre Kollegin Daphne Caruana Galizia – die sich mit ihren Finanzrecherchen viele Feinde in höchsten Kreisen gemacht hat. Laura, Anfang 30 und junge Mutter, sucht speziell nach Verbindungen zwischen Malta und Deutschland.

Hier wird es auch für Solberg spannend. „Mich reizt der normale Alltagswahnsinn, das Destillat aus Wirklichkeit und Fantasie“, sagt er und verrät, dass es in seinem Malta-Stück durchaus witzig und grotesk zugehen wird, wenn man etwa das komplexe Gebilde von Offshore-Konten visualisieren will. Solberg arbeitet dabei mit Themenblöcken, die sich aus Presseartikeln und Gesprächen speisen, die er gemeinsam mit seinen fünf Akteuren für die Bühne entwickelt hat: „Hier agiert der Schauspieler als eigenständiger Künstler – es funktioniert im Schwarm, jeder hat sich eingebracht.“

„Oh wie schön ist (Panama) Malta“ ist nach „Woyzeck“, „BND – Big Data is watching you“, „Die Physiker“, „Candide“ und „Linie 16“ die siebte Produktion des 1979 geborenen Hausregisseurs in seiner Heimatstadt. Die Werkstatt als „Labor im Herzen der Stadt“ sei genau der richtige Ort, dieses hochbrisante und hochpolitische Thema zu verhandeln, meint er, „wir habe eine tolle Geschichte, wollen damit das Publikum verführen“. Solbergs Credo: „Ich glaube, dass das Theater ein Ort für gesellschaftliche Fragen sein muss und ist.“

Man könne diesen Zuständen nicht entrinnen, das Theater aber könne Empathie und einen Zugang schaffen, den Menschen Mut geben, selbst weiterzudenken. Auf die Frage, wie genau er denn letztlich den unglaublich verwirrenden und faktenreichen Komplex Malta/Panama Papers auf die Bühne bringen will, gibt sich Solberg sibyllinisch. Nur so viel: Es werde lustig – und sehr überraschend.

„Oh wie schön ist (Panama) Malta“, Premiere in der Werkstatt am 28. März (ausverkauft). Weitere Termine: 4., 10. April, jeweils 20 Uhr

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