Kabarett Scharf und poetisch

Bonn · Wilfried Schmickler wettert im Pantheon wieder gegen Ungerechtigkeiten. Neues Programm heißt "kein Zurück"

Willkommenskultur hin oder her: Irgendwann ist Schluss! Auch bei Wilfried Schmickler. Der wortmächtige Kabarettist hat die Nase voll von Rassisten und Vollidioten, von Brandstiftern und Ausbeutern, von engstirnigen Konservativen und von all jenen, die den Rettungskräften auf der Autobahn so gerne den Weg versperren. Weg damit. Zumindest im Pantheon haben diese Leute Hausverbot, solange Schmickler auf der Bühne steht und sein neues Programm „kein Zurück“ vorstellt. Wer die von Rassismus und Egoismus gespeiste Kloake verquerer Ideologien als Taufbecken nutzt, ist an diesem Abend nicht willkommen. Ist vielleicht auch besser so.

Im Angesicht eines riesigen Misthaufens

Denn andernfalls würde das Gemetzel, das der derzeitige Scharfrichter des deutschen Kabaretts mit seiner aus Wut und Zorn und Gerechtigkeit geschmiedeten verbalen Axt anzurichten vermag, wahrscheinlich erst so richtig blutig.

Auch so hält sich der 63-Jährige nicht zurück. Das tat er noch nie, warum also jetzt damit anfangen, wo die Welt näher am Abgrund steht als jemals zuvor? Im Angesicht eines riesigen Misthaufens und ohne einen Weg zurück bleibt ohnehin nur der Kampf gegen Borniertheit und nationalistisches Gedankengut, und darauf versteht sich Schmickler meisterhaft. Nur zu gerne holt er ein weiteres Mal aus, lässt sein Schmähzentrum die Kontrolle übernehmen und wettert gegen alle Vertreter des rechten Spektrums, gegen die AfD natürlich, aber auch gegen die leichengeschändete FDP, gegen die CSU und gegen die von Alexander Dobrindt angeführte geheime Union politischer Reptiloiden, die in ihrer Kaltblütigkeit und Machtgier bereitwillig auch den letzten Funken aufgesetzter Menschlichkeit zerfetzen und die Grundrechte zur Handelsware reduzieren. Hier bedarf es keiner Finesse, sondern nur Breitseiten am laufenden Band. Doch auch andere Themen regen Schmickler auf, darunter die mafiösen Strukturen im Spitzensport, die bajuwarische Bierzelt-Seligkeit beim Oktoberfest und der Seelenstriptease vor schmierigen Datenkraken, den Millionen Bürger bereitwillig abziehen. Da platzt Schmickler immer wieder der Kragen. Und letztlich auch das Wörterbuch.

Die ganze Strahlkraft eines Kabarettisten

So sehr das Publikum auch jene Explosionen liebt, diese Abrechnungen und Verbal-Exekutionen, so sind es doch die etwas leiseren Momente, in denen Wilfried Schmickler wahrhaft brilliert. Jene, in denen er geschliffene Sätze in überragender Präzision führt, in denen er scharf ist und zugleich poetisch. Wenn er mit satirischem Witz Geschichten erzählt oder jenseits der auch von ihm geliebten Aneinanderreihung von Schlagworten Gesellschaftskritik in Verse von erlesener Eleganz packt, zeigt sich die ganze Strahlkraft eines Kabarettisten, auf den man auch am Abgrund nicht verzichten kann.

Weitere Termine im Pantheon am 8.3. und 22.3.2019, jeweils um 20 Uhr. Karten erhalten Sie in den Bonnticket-Shops der GA-Geschäftsstellen.

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