Dauerausstellung im Bundeskanzler-Adenauer-Haus Rheinländer, Deutscher, Europäer

Bonn · Die glänzende Dokumentation über Konrad Adenauers Leben und Wirken in der Rhöndorfer Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus wird mit einem Museumsfest am Wochenende eröffnet.

 Kölner Oberbürgermeister: Adenauer, 1917 bis 1933 im Amt.

Kölner Oberbürgermeister: Adenauer, 1917 bis 1933 im Amt.

Foto: Homann

"An die Mauer – Adenauer!“ Nicht der einzige Angriff auf den amtierenden Kölner Oberbürgermeister. Es wird eng für den Demokraten nach der Machtergreifung der Nazis in der Domstadt. Die SA marschiert auf, die Presse schießt scharf. Am 12. März 1933 schließt Konrad Adenauer sein Büro, einen Tag später flieht er quasi durch die Hintertür nach Maria Laach.

Am 21. März verhöhnt ihn der von den Nazis eingesetzte kommissarische Nachfolger Günter Riesen: „Sie sind ein Verbrecher, Herr Adenauer!“ Die neue Dauerausstellung der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Rhöndorf erreicht hier ihren dramatischen Höhepunkt. Ein Großfoto zeigt die Zelle im Gestapo-Gefängnis Brauweiler, wo Adenauers Frau festgehalten, verhört und bedroht wurde, bis sie das Versteck des Gatten verriet.

„Die Zeit ist aus den Fugen“, sagt der Historiker Jürgen Peter Schmied, der seit rund sechs Jahren an der Neukonzeption der Adenauer-Ausstellung arbeitet, „die schwankenden Stelen symbolisieren das“. Und sie werden immer höher – „das Crescendo der Grausamkeiten“. Adenauers Schicksalsjahre in der Diktatur gehen unter die Haut, die Verhaftungen, die Fluchtwege, Willkür und Todesgefahr für die ganze Familie. Doch die neue Ausstellung beleuchtet nicht nur das Private.

Synchron drei Geschichten erzählt

Eingebettet in ein Farbkonzept erzählt sie synchron drei Geschichten, die sich über sechs Themenräume erstrecken: Momente aus dem privaten Leben, der historisch-politische Kontext und Stationen von Adenauers Karriere werden parallel geschildert und multimedial illustriert.

Die Stiftung hat sich für ihr ausgeklügeltes Konzept einen starken Partner gesucht: Das Stuttgarter Atelier Brückner hat bereits etwa die exzellente Neupräsentation des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums, die Schau des BMW-Museums München und das Filmmuseum in Frankfurt realisiert. In Rhöndorf arbeitet das Atelier Brückner nun mit dem Wechsel von Großfotos und kleinteiligen Dokumenten, mit audiovisuellen Multimediastationen, Touchscreens, einem Farbkonzept, das für eine straffe Gliederung sorgt, und einem gelungenen Leitsystem.

„Wir haben sogar an den eiligen Besucher gedacht“, sagt Schmied: Gold unterlegt sind die Highlights der Präsentation, die eine gestraffte Geschichte Adenauers erzählen, vom Maisbrot, das der Kölner OB mit dem Bäcker Oebel in der Notzeit des Ersten Weltkriegs erfand, bis zur Kabinettsglocke des erstens Bundeskanzlers der Republik.

Sehenswerte Dauerausstellung mit Bezug zur Gegenwart

„Früher hatten wir eine nüchterne Vitrinenausstellung“, erzählt Schmied, jetzt folge man dem Prinzip der Inszenierung. Nicht die einzige Änderung. Neu beleuchtet werden in der Ausstellung mit dem überarbeiteten Titel „Konrad Adenauer 1876-1967. Rheinländer, Deutscher, Europäer“ Adenauers Kölner Jahre, eine Jugend im Kaiserreich und sein einflussreiches Wirken in 16 Jahren als Oberbürgermeister. Dramatisch zugespitzt sieht man in schräger Präsentationsoptik Adenauers Jahre als Verfolgter des Nationalsozialismus.

Und dann kommt das ausführlichste Kapitel: Der „Alte“ als CDU-Chef, eine der prägenden Figuren der jungen Republik und von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler. Kurator Schmied hat im US-amerikanischen National Archive in Maryland einen getippten Bericht gefunden, der wie der Grundstein zu Adenauers Karriere nach 1945 anmutet: Da ist auf einer „White List“ unbelasteter Deutscher der Name „Adenhauer, Konrad, Bad Honef“ zu lesen, und die Vermutung, es könne sich dabei um den ehemaligen Kölner Oberbürgermeister handeln.

Schon der hatte international gedacht, Memoranden zur europäischen Einigung verfasst, die er später als Kanzler umsetzte. Sein politisches Wirken wird ausgebreitet – Licht und Schatten. Inklusive des „belasteten Erbes“ und der Figur Hans Globke, Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze bei den Nazis, der von 1953 bis 1963 unter Adenauer Chef des Bundeskanzleramts war. In die Zeit gehört aber auch Adenauers Versuch einer Aussöhnung mit Israel sowie Entschädigungen gemäß des Luxemburger Abkommens von 1952. Dass sich Adenauer dabei gegen den Trend der Bevölkerung durchsetzte – die laut Umfrage damals eine Entschädigung von NS-Opfern mehrheitlich nicht für nötig befand –, erfährt man aus einer der vielen kleinen Info-Schubladen, die die Schau bereichern. Aufschlussreich ist auch das neue Kapitel Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die Sparten Westbindung und Europäische Einigung werden ebenfalls anschaulich präsentiert.

Die sehenswerte Dauerausstellung endet noch nicht mit einem berührenden Blick auf den Privatmenschen und Politrentner Adenauer und dessen feierliche Beerdigung vor 50 Jahren – sondern mit einer Bilderschau, die eindrucksvoll die Wirkung seiner Visionen und Politik bis in die Gegenwart dokumentiert.

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