Ausstellung im Frauenmuseum Ohne Gans kein Martin

Bonn · Die neue Ausstellung im Frauenmuseum rückt Katharina von Bora, Martin Luthers Frau, in den Fokus. Die von der Historikerin Bettina Bab erarbeitete Schau widmet sich dem Weg der Frauen in der Reformation.

 Alin Klass vor ihrem Doppelporträt der Katharina von Bora.

Alin Klass vor ihrem Doppelporträt der Katharina von Bora.

Foto: Benjamin Westhoff

Martin Luther ein Punk? Horst-Olaf Schmidts Porträt zeigt den unbequemen Reformator mit Irokesenschnitt und Kriegsbemalung und suggeriert damit, Luther könnte heute mit seinen radikalen Ansätzen wirklich ein Outsider sein. Aber nicht Luther steht im Mittelpunkt der neuen Ausstellung des Bonner Frauenmuseums, sondern seine Frau, die ehemalige Nonne Katharina von Bora, an deren langer Tafel in Wittenberg sich einst die Reformationsbegeisterten Europas trafen. So gesehen betrieb Katharina so etwas wie den ersten politischen Salon. Das Frauenmuseum klinkt sich mit „Katharina von Bora – Von der Pfarrfrau zur Bischöfin“ in das Reformationsjubiläumsjahr ein. Bewährt wuselig, bunt und ausufernd ging das Team um Museumschefin Marianne Pitzen das Thema an.

Eine hochinteressante, von der Historikerin Bettina Bab erarbeitete Schau dokumentiert das Leben der Katharina von Bora, die Rolle der übrigen Reformatorinnen und den mitunter steinigen Weg, der Frauen in der etablierten evangelischen Kirche erwartete. Erst 1927 wurden sie in Deutschland im Rahmen eines Vikariats begrenzt zum Gemeindedienst zugelassen. 1958 wurde die erste Pfarrerin ordiniert, in Lübeck. Die Landeskirche Schaumburg-Lippe hob als letzte in Deutschland 1991 das Verbot der Frauenordination auf. Die erste Bischöfin – Maria Jepsen – kam 1992 ins Amt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland – ein Negativbeispiel – schaffte 2016 die Frauenordination ab – mit Hinweis auf die Bibel.

Katharina von Boras faszinierender Lebensweg wird breit geschildert. Luther nannte sie wertschätzend und ob ihres Organisationstalents bewundernd „Lieber Herr Käth!“ Und er mochte auch ihre theologische Bildung. „Es gibt kein lieber Ding auf Erden, denn Frauenlieb, wem sie mag werden“, schwärmte der Reformator, die Ehe solle „eitel Liebe und Lust sein“.

Sehr anschaulich wird die Rolle der Frauen in der Reformation gezeichnet, die sich nach Luthers Motto „Priestertum alle Gläubigen“ aktiv an der Bewegung beteiligten. Traurig, aber wahr, wie schnell die Männer wieder die alleinige Oberhand übernahmen, als sich die Reformation etabliert hatte. Der sehenswerte historische Parcours wird immer wieder durch mehr oder weniger künstlerische Einwürfe etlicher Dutzend Malerinnen und Installationskünstlerinnen unterbrochen, begleitet und kommentiert. Alin Klass' Doppelbild der Katharina von Bora ist so etwas wie ein Leitmotiv der Schau, das auch etwa in Christine Theiles Gemälde „Ohne Gans kein Martin“ witzig abgewandelt wird. Abgeleitet ist das Motiv von dem Doppelporträt von Katharina und Luther, 1529 von Lucas Cranachs d. Ä. gemalt.

Dieses Doppelporträt dient als Steilvorlage für die zweite Ausstellung „Künstlerpaare“, die notgedrungen zu einer ungewöhnlichen Männerdichte in diesem Haus führt. Da tritt „Der Eichner“ (2012 gestorben) mit seinen prallen Fantasien und seiner Frau Sabine auf, Annegret Soltaus androgyne Körperexperimente treffen auf die organischen Holzskulpturen Baldur Greiners und Siglinde Kallnbach, die einst mit ihrer Performance zur Hexenverfolgung im Frauenmuseum verstörte, ist mit dem provokanten, aggressiven Bilderbogen Jürgen Raaps zu sehen. Das spannendste Paar dieser Ausstellung.

Inge Broska und Hans-Jörg Tauchert drängen ins Konzeptuelle, Bertamaria Reetz' großflächige Malerei und die blauen Yves-Klein-Schafe, die sie mit Rainer Bonk an vielen Orten präsentiert hat, fallen, breit präsentiert, ins Auge. Etwas minimalistisch fällt das Doppel Mary Bauermeister/Karlheinz Stockhausen aus. Fehlen darf natürlich nicht die Chefin: Marianne Pitzens Pappmaschefiguren sind gut vertreten, mit ihrem Horst ist sie auf einem Foto von Emanuela Danielewicz zu sehen.

Frauenmuseum, Im Krausfeld 7; bis 1. November. Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr. Eröffnung: Sonntag, 13 Uhr

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