Mode für den Kopf Oben mit

Hüte sind die wichtigsten Mode-Accessoires in diesem Sommer. Groß oder klein, aus Stoff oder Stroh – Hauptsache, man hält sich bedeckt.

 Strohut von Sonia Rykiel

Strohut von Sonia Rykiel

Foto: AFP

Bonn. In den großen Lagerhallen stapeln sich auf den Regalen Tausende von Hüten und Mützen in mehr als 100 Farben und den unterschiedlichsten Formen – Flapper, Trilbies, Kappen, Florentiner, Fedoras, Basken, Beanies, Basecap, Bowler – und wie sie alle heißen. In offenen Kartons liegt der passende Zierart bereit: „Denn erst durch Blumen, Federn, Seidenquasten, Posamente, Ripsbänder, Ornamente, Steine, Bommel und Schleier erhalten die Modelle ihre individuelle Note“, sagt Sandra Frowein. Sie muss es wissen, schließlich ist sie die Chefin der Hutmanufaktur Loevenich mit Sitz in Essen. Sie zählt neben Mayser und Seeberger in Süddeutschland zu den letzten drei großen deutschen Fabrikanten und behauptet sich erfolgreich gegenüber den Billigprodukten, die den Markt überschwemmen.

Das Geschäft mit dem Kopfputz floriert wieder. Vor allem junge Leute zeigen Mut zum Hut und finden ihn „cool“ – erst recht seitdem Stars wie Schauspieler wie Johnny Depp, Collin Farrel und Jan-Josef Liefers, Selma Hayek und January Jones, Sänger wie William Pharell, Gwen Stefani und Lady Gaga gern gut behütet unterwegs sind. „Aber auch internationale Luxus-Modehäuser wie Chanel und Dior, die ihre Models mit Kreissägen und Bowler über den Laufsteg schicken, beflügeln unsere Branche. Hut und Mode gehören so endlich wieder zusammen“, sagt Frowein.

Während die Modistinnen in den Loevenich-Ateliers die sommerlichen Strohhüte vor der Auslieferung an die Händler über den Dämpfer stülpen, sie mit Hilfe von Wärme, Druck und Feuchtigkeit in die richtige Form bringen, sitzt Sandra Frowein im ersten Stock in ihrem Showroom. Umgeben von prall gefüllten Hutständern nimmt sie die Bestellungen entgegen für die Kollektionen, die es im nächsten Winter zu kaufen gibt. „Unsere Kunden aus ganz Europa kommen in unsere Zentrale nach Essen und bestellen hier ihre Ware“, sagt die Unternehmerin. So haben es schon der Großvater, der erste Hutmacher in der Familie, und ihr Vater gehalten, der die Firma vor 50 Jahren gegründet hat.

Ein Großteil der Fertigung wurde inzwischen ins Ausland verlagert. Bis heute gibt es die Produktionsstätten in China und Vietnam. „Dort entstehen nach unseren Entwürfen die Rohlinge aus Stroh, Filz und Wolle, Papier, Leinen oder Samt, die hier in Essen in Handarbeit gefüttert garniert und in alle Welt versendet werden“, erklärt Frowein. Gestrickt wird in Asien, Italien und in der Tschechien. Wobei es der Unternehmerin mit Vorliebe für die Naturwissenschaften besonders am Herzen liegt, dass alle verwendeten Materialien, Farbstoffe, Garne und Zierelemente auf ihre Unbedenklichkeit getestet und entsprechend zertifiziert sind.

Die Arbeit des traditionsreichen Handwerks ist wie eh und je aufwendig. Für einen Filzhut beispielsweise sind fast 70 Arbeitsschritte notwendig, bis er getragen werden kann. Holzköpfe oder Maschinen wie der Dämpfer, die schon für die Hutherstellung vor 150 Jahren benutzt wurden, sind nach wie vor im Einsatz. Und natürlich auch die „altmodischen“ Schachteln zur Aufbewahrung der Kreationen.

Sandra Frowein wählt täglich ihren Hut-Favoriten nach Lust und Laune aus: Fühlt sie sich selbstbewusst und voller Tatendrang, setzt sie ein in Form und Farbe auffälliges, „mutiges“ Teil auf. Mit dunklen Tönen und breiter Krempe, meint sie, lassen sich das Gesicht und (Liebes-)Kummer oder Trauer gut verbergen. „Eine schlichte Wollbeanie hilft an Tagen, an denen man sich eher unauffällig bewegen will.“ Die „Bad-Hair-Day“ Mütze sei hilfreich, wenn die Frisur nicht sitzen will.

Und wer sein feines, aber schlichtes Outfit aufhübschen will, der kann zum Fascinator (Haarreifen) mit aufwendiger Garnitur greifen, wie sie skandinavische oder britische Royals bevorzugen. Jedoch mit Ausnahme von Queen Elizabeth. Sie soll immerhin 5000 Hüte besitzen.

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