Im Porträt: Moderatorin Michelle Hunziker Noch immer voller Träume

MÜNCHEN · Die Moderatorin Michelle Hunziker (39) präsentiert im deutschen Fernsehen junge Talente. In Italien legt sie sich gern mit der Obrigkeit an. Im Interview in den Bavaria Filmstudios sprach Hunziker mit Sven Hauberg.

 Die Moderatorin und Sängerin Michelle Hunziker (r) und ihre Tochter Aurora posieren in Elstal (Brandenburg) beim Kindertag im Karls Erlebnis-Dorf.

Die Moderatorin und Sängerin Michelle Hunziker (r) und ihre Tochter Aurora posieren in Elstal (Brandenburg) beim Kindertag im Karls Erlebnis-Dorf.

Foto: Jens Kalaene

„Ich wollte es einfach schaffen“, erinnert sich Michelle Hunziker. Heute hat sie es geschafft, vor allem in ihrer Wahlheimat Italien, wo sie im Fernsehen omnipräsent ist und eine recht freche Satireshow moderiert.

In Deutschland hingegen war es nach ihrem Ausstieg bei „Wetten, dass ..?“ etwas ruhiger um Hunziker geworden. Bei Sat.1 ist sie jetzt als neue Jurorin der Show „Superkids – die größten kleinen Talente der Welt“ zu sehen. Ein Job, wie gemacht für die dreifache Mutter. Mit Michelle Hunziker sprach Sven Hauberg.

GA: Frau Hunziker, was ist das Besondere an einer Show, in der Kinder in Mittelpunkt stehen?

Michelle Hunziker: In Italien habe ich schon viele Sendungen mit Kindern gemacht und das immer geliebt. Kinder sind echt und spontan. Wenn sie weinen wollen, dann weinen sie, und wenn sie lachen wollen, lachen sie. Die Aufzeichnungen zu „Superkids“ haben Spaß gemacht. Die Kinder haben unglaubliche Talente.

GA: Und was macht man als Moderator, wenn ein Kind auf der Bühne einmal „versagt“?

Hunziker: Das ist wie im echten Leben: Wenn Kinder ein Spiel verlieren, dann weinen sie eben. So zeigen sie ihre Enttäuschung. Bei den Aufzeichnungen hier sind allerdings noch die Eltern der Kinder dabei, die sie unterstützen können.

GA: Was waren Ihre größten Talente in der Kindheit?

Hunziker: Solche Talente, wie ich sie hier auf der Bühne gesehen habe, hatte ich nie. Manche Menschen kommen mit einem Talent auf die Welt, andere müssen es sich erarbeiten. Ich gehöre zur zweiten Kategorie und war ein Kind, das alles lernen musste.

GA: Und das geht so einfach?

Hunziker: Ich habe sehr viel Disziplin. Wenn ich ein Ziel habe, konzentriere mich auf diese eine Sache. Ich muss mich anstrengen, während andere das einfach so mit links machen.

GA: Beneidenswert, oder?

Hunziker: Ich weiß nicht, was besser ist. Es gibt viele Menschen, die ein Talent besitzen, es aber nicht nutzen.

GA: Wie sieht es mit Ihren eigenen Kindern aus? Sind da Naturtalente dabei?

Hunziker: Meine Tochter Sole singt gern, Celeste tanzt oft. Aber die beiden sind noch Babys, da ist noch alles offen. Aber meine älteste Tochter Aurora ist ein Kind mit Talent. Schon im Alter von anderthalb sang sie mit ihrem Vater Eros. Das hat sie in den Genen. Aber an ihr sieht man auch, dass Kinder mit Talent ein bisschen fauler sind als andere.

GA: Aurora, ihre gemeinsame Tochter mit dem italienischen Sänger Eros Ramazzotti, ist immer häufiger in den Klatschspalten vertreten. Wie finden Sie als Mutter diese Entwicklung?

Hunziker: Aurora ist in meiner Welt und der ihres Vaters aufgewachsen. Prominenz gehört zu ihrem Leben. Natürlich hatte sie damit auch mal Probleme, vor allem in der Pubertät. Da kam zu den normalen Teenager-Problemen noch ein gewisser Druck. Sie hat sich dennoch entschieden, im Showbusiness tätig zu werden. Heute hat sie eine Sendung im italienischen Fernsehen, und sie macht das großartig.

GA: Wenn Sie ihr Ratschläge zu ihrer Karriere geben – hört Aurora dann auf ihre Mutter?

Hunziker: Ich gebe meiner Tochter nur Ratschläge, wenn sie mich ausdrücklich darum bittet. Wenn sie Mist baut, dann sag ich ihr das zwar auch, aber ich bin keine Mutter, die ihr ständig sagt, was sie machen muss. Sie soll ihren eigenen Weg gehen.

GA: Sie werden nächstes Jahr 40. Was bedeutet diese Zahl für Sie?

Hunziker: Daran denke ich gar nicht. Sie haben mich erst wieder daran erinnert (lacht)! Ich fühle mich so alt, wie ich bin – und bin happy damit. Ich würde nicht jünger sein wollen.

GA: Gibt es Dinge, die man machen sollte, bevor man 40 wird?

Hunziker: Ich habe alles gemacht, was ich bis heute machen wollte, und habe noch viel vor.

GA: Welche Träume hat Michelle Hunziker noch?

Hunziker: Neue Sendungen, weitere Kinder, viele Reisen. Wenn ich mich mit jungen Menschen unterhalte, dann merke ich, dass ich viel mehr Träume habe als heute die 20-Jährigen.

GA: Was meinen Sie konkret?

Hunziker: Für mich ist träumen etwas ganz Alltägliches: diese Momente, wenn man im Bett liegt und aus dem Fenster schaut und sich die Zeit nimmt, über die eigene Zukunft nachzudenken. Die Kinder heute sind ständig abgelenkt, durch Internet und Handy, sie können nicht mehr träumen. Heute gibt ihnen das Internet vor, wovon sie träumen sollen!

GA: Gehört Arbeiten und Träumen für Sie zusammen?

Hunziker: Wenn man einen Traum hat, muss man alles dafür tun, damit er in Erfüllung geht. Und wenn man von ganzem Herzen dafür arbeitet, kann man auch etwas erreichen. Davon bin ich absolut überzeugt. Man muss aber auch bereit sein, auf vieles zu verzichten.

GA: Auf was mussten Sie in Ihrem Leben verzichten?

Hunziker: Auf Freizeit. Für mich gab es damals nur mein Kind und meine Karriere. Ich war eine alleinerziehende Mutter und wollte etwas für Aurora erreichen, damit ich ihr eine Zukunft garantieren konnte. Ausgehen, Partys – all das gab es für mich nicht.

GA: Ihre Tochter ist in eine eigene Wohnung gezogen. Wie hat sich das angefühlt?

Hunziker: Zum Glück habe ich zwei Babys zu Hause, die mir gar keine Zeit lassen, darüber nachzudenken. Aber es war schon hart, auch wenn Aurora jetzt nur 200 Meter entfernt von mir wohnt. Sie arbeitet jeden Tag, und manchmal ruft sie mich eine Woche lang nicht an. Sich daran zu gewöhnen, ist nicht leicht.

GA: In Italien machen Sie auch politische Comedy. Warum nicht auch in Deutschland?

Hunziker: Ich würde die Show, die ich in Italien mache, gern nach Deutschland bringen. „Striscia la notizia“ läuft in Italien direkt nach den Hauptnachrichten, weshalb wir immer auf aktuelle Ereignisse eingehen können.

GA: Würde der italienische Humor hier funktionieren?

Hunziker: Die Deutschen haben einen fantastischen, sehr trockenen Humor. Sie erzählen Witze, ohne eine Miene zu verziehen. Die Italiener gestikulieren wild herum und setzen den ganzen Körper ein. Aber dennoch bringt vieles, das Deutsche lustig finden, auch Italiener zum Lachen.

GA: Welche Politiker würden Sie sich in Deutschland vornehmen?

Hunziker: Alle. Aber Angela Merkel wäre die Erste. Im italienischen Fernsehen habe ich sie schon einmal nachgeahmt, mit italienischem Akzent und sehr augenzwinkernd, nicht böse.

GA: Darf Comedy böse werden?

Hunziker: Satire darf böse sein, sonst wäre es keine Satire. Man muss Comedians die Freiheit geben, zu sagen, was sie wollen. Zu weit geht aber, was etwa Charlie Hebdo gemacht hat: Religion ist für mich ein Tabu.

GA: Ist Böhmermann mit Erdogan zu weit gegangen?

Hunziker: Nein. Ich finde, der Arme hat etwas zu viel auf den Deckel bekommen!

GA: In Ihrer Show „Striscia la notizia“ machen Sie auch vor der Mafia nicht halt, oder?

Hunziker: Wir thematisieren alles, decken Missstände auf. Eine Kollegin hat deswegen schon Morddrohungen erhalten. Ein anderer Kollege wurde bedroht, weil er Tiermisshandlungen aufgedeckt hat. Und ich wurde erst kürzlich wegen Verleumdung angeklagt und muss mich vor Gericht deswegen verantworten.

GA: Worum ging es da?

Hunziker: Um einen Mann, der über 20 Jahre hinweg minderjährige Mädchen erpresst hat, um mit ihnen Sex zu haben. Bei mir hatte er das auch versucht, als ich 17 Jahre alt war, allerdings ohne Erfolg. Ich empfinde eine moralische Verpflichtung, das in der Sendung zu thematisieren.

GA: Sie posten bei Facebook auf Italienisch, kaum auf Deutsch. Wo fühlen Sie sich zu Hause?

Hunziker: Wenn ich jetzt in Deutschland mit den „Superkids“ wieder aktiver bin, werde ich auch wieder für meine deutschen Fans etwas posten. Aber zu Hause fühle ich mich in Italien, an dem Ort, an dem ich meine Familie gegründet habe.

GA: Sie kommen aus der Schweiz. Im Schweizer Fernsehen sieht man sie allerdings fast nie.

Hunziker: Ich liebe meine Schweizer Heimat und bin dort noch immer fest verwurzelt. Momentan habe ich leider keine Zeit, auch noch fürs Schweizer Fernsehen zu arbeiten. Aber ich mache Werbung für den Emmentaler. Ich bin für die Kampagne sogar drei Tage lang in die Rolle eines „Buremeitschi“ geschlüpft, eines Bauernmädchens. Da habe ich im Emmental bei einer Bauernfamilie Kühe gemolken und in einer Käserei Käse gemacht.

GA: Wäre das ein alternativer Beruf für Sie?

Hunziker: Ein Plan B ist das sicher nicht (lacht). Aber ich will irgendwann ein Haus auf dem Land haben, mit eigenen Tieren, und zusammen mit meiner Familie dort Lebensmittel produzieren. Olivenöl herzustellen wäre mein Traum. Es gibt nichts Schöneres als ein Picknick unter einem Olivenbaum. Ich bin eben noch immer voller Träume.

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