Lesung in der Buchhandlung Böttger Nicht aus dem hohlen Bauch

Bonn · Mit Franz Mon ist eine lebende Legende der deutschen Schriftstellerszene zum zweiten Mal zu Gast in Alfred Böttgers Bonner Buchhandlung. Mon verknüpft sein poetisches mit seinem essayistischen Werk.

 Autor Franz Mon war zu Gast in Alfred Böttgers Bonner Buchhandlung.

Autor Franz Mon war zu Gast in Alfred Böttgers Bonner Buchhandlung.

Foto: picture alliance / dpa

Zunächst eine kleine Hommage an Franz Mon, den Alchemisten des Alphabets: Außergewöhnlich beflügelnd choreografiert der Enigmatiker fabulös generös, haucht in jenem Kaleidoskop Literaturen mäandernd nach oben, prüft querbeet Reime, Sentenzen, Titel und Verse, webt Xenien, Ypsilons – zauberhaft.

Mit Franz Mon ist eine lebende Legende der deutschen Schriftstellerszene zum zweiten Mal zu Gast in Alfred Böttgers Buchhandlung. Vor zwei Jahren stellte Mon sein bei S. Fischer erschienenes Lesebuch „Zuflucht bei Fliegen“ vor; nun ist der inzwischen 90 Jahre alte Pionier der experimentellen Literatur zurückgekehrt, um in einer Art Doppelvorstellung zusätzlich zum Lesebuch seine Essaysammlung „Sprache lebenslänglich“ zu präsentieren. Mon, der in Frankfurt am Main lebt und arbeitet, verknüpft sein poetisches mit seinem essayistischen Werk. „Für mich sind das zwei Seiten derselben Medaille“, sagt er.

Jede Minute mit dem hellwach und scharfsinnig, gleichzeitig entspannt und fein ironisch rezitierenden Mon ist ein kostbares Geschenk, ein außerordentliches, intellektuelles Vergnügen. Der Autor ist eine Lichtgestalt der konkreten und experimentellen Literatur, und zu seinem Schaffen in diesem Kontext stellt er klar: „Unsere Literatur kam nicht aus dem hohlen Bauch.“ Damit bezieht sich Mon, Jahrgang 1926, auf die Repressalien und insbesondere auf die Zensur in der NS-Zeit.

Der zweite Band „Sprache lebenslänglich“ widmet sich auch ausführlich einer weiteren, bedeutenden Passion Mons, dem Hörspiel, und kommt mit der weit aufgefächerten Essaysammlung einer Art Biografie gleich. Mon dankt dem S. Fischer Verlag für dessen „Risikobereitschaft“, jene dicken Bücher herausgebracht zu haben – „denn sie werden die Investitionen sehr wahrscheinlich nicht wieder hereinbringen“. Er habe das Glück, bei einem Verlag zu sein, der „Literatur generiert“.

Der Besuch Franz Mons ist nicht weniger als eine Sternstunde in der langen Chronik der Lesungen auf Bonner Boden. Man schreitet mit einer hell leuchtenden Glühbirne über dem Kopf heimwärts – nicht, ohne zuvor Alfred Böttgers Resumee zugestimmt zu haben: „Hochvirtuose Sprachakrobatik, nicht um ihrer selbst Willen.“

Franz Mon: Sprache lebenslänglich. Gesammelte Essays. Herausgegeben von Michael Lentz. S. Fischer, 656 Seiten, gebunden; 24,99 Euro

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