Neue CD von Patricia Kaas Neubeginn für den Chansonstar

Bonn · Sie kann große Gefühlsoper: Patricia Kaas hat ihr zehntes Studioalbum veröffentlicht. Es ist nach einer Burn-out-Erkrankung entstanden.

 Neues Album nach Burn-out: Patricia Kaas.

Neues Album nach Burn-out: Patricia Kaas.

Foto: YANN ORHAN

Die Leichtigkeit des Seins hat sie nie kennengelernt. Patricia Kaas hat 2012 ihre Autobiografie veröffentlicht: „Mademoiselle singt den Blues: Mein Leben“. Auf mehr als 200 Seiten setzte sich Kaas, die am 5. Dezember 50 wird, mit ihrem Leben und ihrer Karriere auseinander. Die Bilanz war zwiespältig: „Mit Abstand betrachtet, habe ich über meine Verhältnisse gelebt. Unfähig zur Wirklichkeit. Außer auf der Bühne.“ Schonungslos ging der französische Chansonstar mit sich ins Gericht: „Ich habe mein Privatleben vernachlässigt, schlimmer noch, ich habe es zugunsten meiner Karriere verschenkt.“ Eines jedoch habe immer funktioniert: die Liebesbeziehung mit dem Publikum. Das kann jeder Zuhörer bestätigen, der die Kaas im Konzert erlebt hat. Auf der Bühne kann sich die blonde Sängerin mit den blauen Augen, der weißen Haut und den slawisch anmutenden hohen Wangenknochen regelrecht austoben; jedes Gefühl ist erlaubt.

In den vergangenen Jahren hat sie mit den Songzyklen „Kabaret“ (2009) und „Kaas chante Piaf“ (2012) Furore gemacht. Das neue Album mit dem schlichten Titel „Patricia Kaas“ sei nach einer Burn-out-Erkrankung entstanden, unter der die Sängerin gelitten habe, heißt es in einem Text auf ihrer Website. Das zehnte Studioalbum der Kaas ist das erste mit neuen Stücken seit 13 Jahren. Es bedeutet für sie Neubeginn und Aufbruch: „Nouveau départ, nouvelle vie, nouvelle approche musicale“.

Kaas gehört zu den Künstlern, die dem Leben mit hoher Sensibilität begegnen, besonders intensiv empfindet sie die Schattenseiten. Daher rührt der melancholische Grundton ihrer Lieder. In dieser Hinsicht stellt auch das neue Album, das rauer und weniger poliert klingt als seine Vorgänger, keine Ausnahme dar. Doch Patricia Kaas, deren rauchige Stimme Verletzlichkeit, aber auch Furor ausdrücken kann, widmet sich neuen Themen. Pierre-Dominique Burgaud und Rémi Lacroix haben für sie „Le refuge“ geschrieben, das Toleranz und Verständnis für junge Homosexuelle einfordert. „La maison en bord de mer“ aus der Feder von Pierre Jouishomme behandelt mit viel Empathie und unterdrückter Aggressivität das Thema Inzest. „Cogne“ von Rose und Rémi Lacroix erzählt eine niederschmetternde Geschichte von Gewalt gegen Frauen. Die Liebe gehört natürlich weiterhin zu den bevorzugten Sujets. Arno hat seiner Kollegin den Song „Marre de mon amant“ geschenkt, wo das lyrische Ich in fast schon surrealem Ton über den Liebhaber ablästern kann. Zum Ausgleich singt die Kaas zu Herzen gehende Balladen voller Sehnsucht nach Glückserfüllung. Sie kann große Gefühlsoper.

Patricia Kaas hat stets gerungen mit Gefühlen von Überforderung, Einsamkeit, Leere und Isolation. Ihre Selbstzweifel sind legendär – und ihre Kämpferqualitäten. In Ben Mazués feministischer Ballade „Adèle“, dem ersten Stück des neuen Albums, nimmt eine Mutter ihre jugendliche Tochter zur Seite und erklärt ihr, dass Frauen in der Männerwelt doppel so hart arbeiten müssten, um Erfolg zu haben. Davon ist die Sängerin überzeugt. „Man muss sich durchkämpfen. Die starke Seite habe ich immer nach vorne gebracht“, hat sie einmal im Gespräch erklärt.

Patricia Kaas: Patricia Kaas. Richard Walter Entertainment / H'art. Am Freitag, 7. April 2017, tritt Patricia Kaas in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle auf. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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