CD-Vorstellung Nachdenkliche Après-Ski-Hits von "Bell, Book & Candle"

Berlin · Mit „Wie wir sind“ legt Bell, Book & Candle das erste deutschsprachiges Album ihrer Bandgeschichte vor. Das Pop-Trio um Frontfrau Jana Groß enttäuscht jedoch.

 Sängerin Jana Groß von der Band Bell, Book & Candle.

Sängerin Jana Groß von der Band Bell, Book & Candle.

Foto: dpa / picture alliance

Knapp 20 Jahre ist es her, da landeten die Berliner mit ihrem Ohrwurm „Rescue Me“ einen internationalen Hit. In Deutschland, Österreich und der Schweiz schaffte es die Single jeweils in die Top Drei, und auch im Rest Europas ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten. Es gab Gold in Schweden und Spanien. Beim dazugehörigen Album griff dann sogar Grammy-Gewinnerin Sheryl Crow der Band unter die Arme und steuerte einen Song bei.

„Read My Sign“ rangierte 1998 wochenlang weit oben in den deutschen Albumcharts. Damals lieferten Bell, Book & Candle vornehmlich handgemacht klingenden Pop mit rockigen Einflüssen, der im Jahrzehnt des Eurodance fast schon wie aus der Zeit gefallen und erfrischend bodenständig klang. Von diesem erdigen Sound ist auf „Wie wir sind“ aber nicht mehr viel übrig geblieben. Zwar sind bei allen Liedern noch analoge Instrumente dazugemischt, das meiste klingt aber nach dem musikalischem Dosenfutter einer gefälligen Schlagerküche.

Somit ist auch nicht verwunderlich, dass man stellenweise das Gefühl hat, einige Stücke schon einmal von jemand anders gehört zu haben. Es entsteht der Eindruck, dass sich Jana Groß, Andy Birr und Hendrik Röder für ihr neues Werk einmal durch die Charts der vergangenen Jahre gearbeitet haben. Zum Beispiel am Titeltrack, der sehr nach Frieda Golds „Wovon sollen wir träumen?“ klingt – nur mit weitaus weniger Energie und Biss.

Bedeutungsschwangerer Poesie zu „Uffta“-Rhythmen

Ähnlich kraftlos kommt auch die auf dem Album als letzter Track positionierte Coverversion von Rio Reisers „Junimond“ daher. Zwischen Opener und Finale liegen zehn Stücke, die entweder recht gleichförmig dahinplätschern oder versuchen, die Hörer mit bedeutungsschwangerer Poesie zu basslastigen „Uffta“-Rhythmen aus den Schaltkreisen eines Rechners für sich zu gewinnen.

Was am Ende bleibt, ist der paradox wirkende Eindruck, es handele sich bei „Wie wir sind“ um eine Compilation nachdenklich gestimmter Après-Ski-Hits. Und so lassen Bell, Book & Candle mit ihrem neue Album auf tragische Weise eine Möglichkeit verstreichen, in ihrem guten Namen reifen deutschsprachigen Pop zu präsentieren.

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