Konzert in der Kölner Philharmonie Musikalisches Dreisternemenü

Köln · Yannick Nézet-Séguin und das Chamber Orchestra of Europe begeistern vor ausverkauftem Haus mit Werken der Wiener Klassik. Jean-Guihen Queyras überzeugt mit Haydns erstem Cellokonzert.

 Bei der Probe: Jean-Guihen Queyras spielt Haydn.

Bei der Probe: Jean-Guihen Queyras spielt Haydn.

Foto: Thomas Brill

Das sind die Zutaten für ein Konzertmenü, das genügend Menschen anlockt, um die mehr als 2000 Plätze in der Kölner Philharmonie zu füllen: zwei Werke von Joseph Haydn plus eine Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Und dann braucht es natürlich noch eine exzellente Küchenmannschaft, die am Mittwochabend mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem kanadischen Dirigenten Yannick Nézet-Séguin denn auch Einzug gehalten hatte. Der Cellist Jean-Guihen Queyras sorgte für solistische Klangwürze.

Die Qualität des vor 36 Jahren gegründeten europäischen Klangkörpers fesselte schon im eröffnenden Unisono der Sinfonie Nr. 44 in e-Moll von Joseph Haydn. Der Klang wirkte kernig, markant, ohne aber den Hörer allzu aggressiv anzuspringen. Nézet-Séguin, der ohne Taktstock dirigierte, kennt sich hörbar mit der historisch informierten Aufführungspraxis aus – wie jeder gute Dirigent seiner Generation –, aber er folgt deren Neigung zu dramatischen Zuspitzungen nicht blind, selbst nicht in den leidenschaftlichsten Momenten dieser Sturm-und-Drang-Sinfonie. Für ihn hat eine gesangliche Phrasierung Priorität. Besonders ergreifend war dies in dem Adagio zu beobachten, dessen mit Dämpfer gespieltes Streicherthema eine fast schon sphärische Qualität hatte.

Die Durchsichtigkeit des Orchesterklangs zeichnete auch das erste Cellokonzert in C-Dur Haydns aus. Man musizierte wie schon in der Sinfonie in eher kleiner Besetzung. Queyras spielte in der Orchesterexposition den Cellopart seiner Kollegen mit, bevor er als Solist in den Vordergrund rückte. Sein 1696 in der Werkstatt von Gioffredo Cappa gebautes Instrument spricht leicht an und hat einen angenehm warmen, aber nicht dunklen Klang, der die Philharmonie problemlos füllt. Queyras ist ein Virtuose, der seine perfekte Technik ganz in den Dienst der Musik stellt. Das verbindet ihn mit dem Dirigenten – und natürlich mit dem Orchester, das er vor der mit Standing Ovations eingeforderten Zugabe in höchsten Tönen lobte. Die Sarabande aus Bachs dritter Suite in C-Dur für Solocello, die er dann spielte, war ein Traum.

Aus Beethovens Sinfonienkatalog hatte man die Nr. 6 (Pastorale) ausgewählt. Nézet-Séguin setzt nicht auf Tempoextreme, und trotzdem klingt die Musik ungemein frisch und lebendig. Er ermuntert seine Musiker, jedes Detail, jede Note mit Bedacht zu spielen, was die erste Klarinette beispielhaft vorführte. Ob Solo in den Tuttistellen: Immer stand hier der Ausdruck an erster Stelle. An diesem Abend stimmte alles: von den heiteren Empfindungen des ersten Satzes bis zum Gewitter und dem anschließenden Dankgesang der Hirten. Ein Menü aus der Dreisterneküche.

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