Festival "Over The Border" Musik ohne Grenzen in Bonn

BONN · Das Bonner Weltmusik-Festival „Over The Border“ geht in die zweite Runde. Künstler aus aller Welt gastieren ab dem 21. März auf verschiedenen Bühnen der Stadt. Erwartet werden bis zu 5000 Besucher.

 Quadro Nuevo und Cairo Steps: Die befreundeten Bands aus Bayern und Ägypten spielen im Telekom Forum Bonn

Quadro Nuevo und Cairo Steps: Die befreundeten Bands aus Bayern und Ägypten spielen im Telekom Forum Bonn

Foto: Veranstalter

Die Karawane zieht weiter, der Sultan legt den Turban zur Seite und freut sich auf die nächste Karnevalssession. Doch es gibt Ausnahmen. Die Band mit dem kuriosen Namen „La Caravane passe“ kennt keine Fastenzeit. Das Ensemble aus Paris macht ganzjährig Party. Wer sich auf diese Art von Stimmungsmusik einlässt, gerät unverhofft in ein Labyrinth aus vielen Sprachen und noch mehr Stilen. Kreativer Kopf ist Toma Feterman, ein ehemaliger Punk mit polnisch-rumänischen Wurzeln. Seine Texte enthalten Spurenelemente von Französisch, Serbisch, Englisch, Rumänisch und auch Deutsch. Ähnlich babylonisch klingt die Musik: Rock und Reggae, Pop und HipHop, Klezmer und Beats vom Balkan. Keine Frage, dieses weltoffene Quintett passt perfekt ins Konzept des Bonner Festivals „Over The Border“, das jetzt in die zweite Runde geht. Auf dem Spielplan stehen elf Einzelkonzerte an fünf Spielorten.

La Caravane passe passt, weil die Musik keine Grenzen kennt und die Band auch keine akzeptiert. „Kultur lässt sich nicht eingrenzen“, sagt Manuel Banha. Der Bonner Veranstalter hat das Festival vor einem Jahr aus der Taufe gehoben. Er will mit „Over The Border“ die heutige Realität spiegeln. „Durch die Globalisierung kommen überall auf der Welt Menschen zusammen, sie kommunizieren, es passieren spannende Dinge“, sagt Banha. Musik sei das ideale Medium. Und Bonn der ideale Ort.

Bahna sitzt in einem Lokal in der Innenstadt, rührt in seinem Kaffee und wird nicht müde, die schiere Notwendigkeit eines solchen Festivals zu erklären. Bonn ist international, klar. Früher residierten Botschaften am Rhein, heute sind es die Vereinten Nationen und viele Nichtregierungsorganisationen. „Einige Impulse für das Festival kamen sogar aus den internationalen Einrichtungen“, sagt Banha, der seit zwei Jahrzehnten in Köln und Bonn vorzugsweise Konzerte mit hochkarätigen Vertretern der Sparte Weltmusik veranstaltet. Aus seinen Kontakten zu Musikern, Agenturen und multikulturellen Zielgruppen entwickelte sich ein dichtes Netzwerk, das stetig und organisch wächst.

Führende Mitarbeiter der UNCCD (United Nations Convention to Combat Desertification) hatten angeregt, „das internationale Bonn gezielt ins Festival einzubinden“. Mehrsprachige Programmhefte, kein Problem. Doch es geht noch mehr. Die UNCCD organisiert weltweit die Bekämpfung der Wüstenbildung, ein zentrales Thema etwa in Mali. Der nordafrikanische Krisenstaat leidet zudem unter dem islamistischen Terror, auch Künstler werden bedroht. Banha hat nun zwei repräsentative Musikerinnen aus Mali ins Festivalprogramm genommen.

Die Sängerin Fatoumata Diawara (34), die mittlerweile in Frankreich lebt, hat unlängst ihre Heimat besucht und einen Dokumentarfilm realisiert. „Mali Blues“ wird am 21. März im Rex gezeigt. Im Anschluss diskutieren die Filmemacher mit Experten und Publikum. Am 22. März spielt Diawara im Kammermusiksaal Beethoven-Haus.

Inna Modja (32) aus Mali lebt ebenfalls in Frankreich. In ihren Liedern setzt sie sich mit der Wassernot und der Praxis der Genitalbeschneidung auseinander. (1. April, Pantheon).

Der Begriff Weltmusik mag in die Jahre gekommen sein, aber er funktioniert noch. In den 80ern sind Musiker wie Miriam Makeba und Fela Kuti für ein paar Konzerte nach Europa gekommen. Heute leben viele Weltmusiker hier. Auch Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund mischen in der Szene mit. Bukahara aus Köln macht Balkan-Folk und hat im Studio der bayerischen LaBrassBanda ein Album aufgenommen. Jetzt gastieren beide Bands im Telekom Forum. Quadro Nuevo wiederum bringt Freunde aus Ägypten mit: Beim Konzert mit den Cairo Steps stehen dann 19 Musiker auf der Bühne. Das Auswärtige Amt hilft bei den Formalitäten.

Veranstalter Banha inszeniert sich keineswegs als Einzelkämpfer. Gut, er hat das Festival 2016 an den Start gebracht, knapp 2000 Besucher ermutigten ihn zur Fortsetzung. Doch mittlerweile greifen größere Netze. Neben UNCCD sind DAAD, Deutsche Welle, Institut Français, Kreativ Konzept, DHL und Telekom als Partner im Boot. Der WDR zeichnet die Konzerte auf, was sich konstruktiv auf das Budget auswirkt. Zusätzliche Spielorte erweitern die Kapazität auf insgesamt 5000 Besucher.

So tritt der finnische Pianist Iiro Rantala am 31. März in der Pauluskirche auf. Pfarrer Siegfried Eckert habe das angeregt, betont Banha. „Und so spielen wir jetzt auch in der Kirsche.“ Banha hat tatsächlich „Kirsche“ gesagt, was den Rheinländer in ihm verrät. Der ist er auch: Er ist 1967 in Euskirchen geboren - als Sohn portugiesischer Eltern.

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