Skandinavischer TV-Thriller Morde in winterlicher Einöde

Bonn/Mainz · „Trapped – Gefangen in Island“ ist ein packender Thriller, der ab Sonntag als Fünfteiler im ZDF zu sehen ist

 Ein Mann wie ein Bär: Ólafur Darri Ólafsson ermittelt als Andri in Island.

Ein Mann wie ein Bär: Ólafur Darri Ólafsson ermittelt als Andri in Island.

Foto: ZDF und Lilja Jónsdóttir for R

Seit dem überraschenden Siegeszug der Isländer bei der Fußball-Europameisterschaft weiß wohl nahezu jeder deutsche Fernsehzuschauer, dass auf deren Heimatinsel nicht mehr als 300 000 Einwohner wohnen. Etwas mehr als ein Drittel davon lebt in der Hauptstadt Reykjavik. Isländer, die in dem acht Autostunden entfernten Fischerdorf Seydisfjordur an der Ostküste zu Hause sind, müssen die Abgeschiedenheit schon sehr mögen, um ein glückliches Dasein fristen zu können. Die Einsamkeit hat freilich den Vorteil, dass nur wenige Verbrechen geschehen. Und Morde so gut wie gar nicht.

Der auf Island geborene Regisseur Baltasar Kormákur, der zuletzt das mit Jake Gyllenhaal, Emily Watson, Keira Knightley und weiteren Hollywoodstars prominent besetzte Bergsteigerdrama „Everest“ drehte, hält Seydisfjordur daher für einen idealen Schauplatz, um einen düsteren Thriller in Szene zu setzen, „weil mich die Idee eines Mordes in einer Kleinstadt interessiert, die ganz vom Rest der Welt abgeschottet ist“. Diese Grundidee verpackt er in seinem spannenden TV-Fünfteiler „Trapped – Gefangen in Island“, dessen erste neunzigminütige Folge am Sonntag um 22 Uhr im ZDF zu sehen ist.

Das besagte Mordopfer wird an einem kalten Wintertag im Februar vor der schroffen Küste aus dem Wasser gefischt. Der Fund ist umso schockierender für die Bewohner wie für den massigen Polizeichef Andri (Ólafur Darri Ólafsson) und seine beiden Kollegen, als der Leiche Kopf, Arme und Beine abgetrennt wurden. Schnell scheint festzustehen, dass der Mord auf der dänischen Touristenfähre geschehen sein muss, die zur Zeit des Leichenfundes gerade in Seydisfjordur einläuft. Den Mörder vermutet man deshalb ebenfalls an Bord. Klar, dass die Passagiere erst einmal an Deck bleiben müssen. Zur gleichen Zeit zieht ein heftiger Schneesturm auf, der das Leben im Dorf und an Bord mächtig durcheinanderwirbelt. Und der unbekannte Tote wird nicht das einzige Mordopfer bleiben.

Die Skandinavier sind Meister darin, aus vielen Erzählsträngen packende Kriminalgeschichten zu knüpfen. Man kennt dies zum Beispiel aus den Fällen der dänischen Reihe „Kommissarin Lund – Das Verbrechen“, auch „Die Brücke“ ist ein berühmtes Beispiel. Beide Serien feierten europaweit Riesenerfolge und machten in den USA als Remake Karriere. „Trapped“ ist seit der Erstausstrahlung 2015 auch auf dem besten Weg, ein internationaler Erfolg zu werden. Jetzt kommt also Deutschland an die Reihe, wo das ZDF neben dem isländischen Fernsehsender RÚV als Koproduzent sogar dabei mit im Boot ist.

In „Trapped“ wird der Zuschauer ebenfalls durch ein Geflecht von parallel laufenden Ereignissen geführt, von denen man nicht von Beginn an weiß, wie sie zusammengehören. Da ist zum Beispiel Andris Ex-Frau Agnes (Nína Dögg Filippusdóttir), die mit ihrem neuen Mann den weiten Weg aus Reykjavik anreist, um ihre beim Vater und den Großeltern lebenden Töchter zu sich zu holen. Sieben Jahre zuvor war Agnes' Schwester Dagný bei einem mysteriösen Brand in Seydisfjordur ums Leben gekommen. Für den Ausbruch des verheerenden Feuers wurde damals deren Freund Hjörtur (Baltasar Breki Samper) verantwortlich gemacht.

Hjörtur befindet sich als Passagier ebenfalls auf der dänischen Fähre und gerät schon bald ins Visier von Andris Ermittlungen, zumal er heimlich Fotos von dem in einer Fischfabrik zwischengelagerten Torso gemacht und per Twitter verbreitet hat. Dass der anonyme Torso danach verschwunden ist, stärkt nicht eben das Vertrauen in Hjörturs Unschuld.

Die Lage wird noch komplizierter, nachdem ein anderer Hauptverdächtiger, der litauische Kriminelle Jonas, bei seiner Flucht vor der Polizei ums Leben kommt. Er hatte zwei junge Schwestern aus Afrika in seinem Campingbus ins Land geschmuggelt, die nun Unterschlupf bei Andris Kollegin Hinrika(Ilmur Kristjánsdóttir) finden. Werden die Machenschaften dieses Kriminellen möglicherweise von dem dubiosen Kapitän der Fähre gedeckt?

Man hat es also auch mit Menschenhandel zu tun. Und mit politischen Ränkespielen. Denn im Hintergrund des Mordfalles laufen Verhandlungen um Grundstücke der Dorfbewohner. Mächtige Investoren aus China wollen dort einen Hafen für große Handelsschiffe errichten.

Sehenswert wird der düstere Thriller vor allem auch wegen der Ansammlung bemerkenswerter Charaktere, die dem Zuschauer begegnen, während der eigenbrötlerische, bärenhafte Andris unerschütterlich seine Ermittlungen weiter vorantreibt. Und wegen der klaustrophobischen Atmosphäre des winterlichen Island, die gelegentlich an den eisigen Coen-Thriller „Fargo“ denken lässt.

Die fünf Teile der Serie stehen ab diesen Freitag in der ZDF-Mediathek zum Abruf bereit. Im Fernsehen werden sie ab dem 19. Februar jeweils sonntags um 22 Uhr ausgestrahlt.

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