Joseph-Woelfl-Gesellschaft Mit Beethoven lieferte er sich ein Piano-Duell

Bonn · Er war drei Jahre jünger als Beethoven und zu seiner Zeit ein Starpianist. Am 4. September wird in der Meßdorfer Straße ein Haus mit Konzertsaal eröffnet, wo das kompositorische Werk Joseph Woelfls gepflegt werden soll. Meisterpianist Gerhard Oppitz spielt Klavier

Die Wände des neuen Konzertsaals sind 14 Zentimeter dick, die Fenster dreifach verglast, der ganze Raum ist durch eine fünf Zentimeter breite Akustikfuge von der Umgebung isoliert. Wer sich im Konzertsaal des neuen Joseph-Woelfl-Hauses an der Meßdorfer Straße 177 aufhält, hat eines garantiert: seine Ruhe. Das liegt aber nicht nur an der soliden Bauweise und der Ausrüstung mit modernster Technik, die derzeit eingebaut wird. Auch die beiden Gastgeber, Margit Haider-Dechant und Hermann Dechant, sorgen für einen reibungslosen und professionellen Betrieb. Die beiden emeritierten Professoren und Gründer der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn haben sich in dem historischen Gehöft in Meßdorf niedergelassen, es von Grund auf renoviert und zu einer idyllischen Oase gemacht.

Die Hauptrolle spielt hier die Musik: was auch sonst bei Haider und Haider-Dechants? Sie war im österreichischen Linz Professorin für Klavier und auch als promovierte Musikwissenschaftlerin anerkannt, er wirkte unter anderem als Professor für Dirigieren in Würzburg und als Leiter des Bamberger Oratorienchores. Auch nach ihrem Ruhestand lässt die Musik die beiden nicht los. Direkt neben dem Konzertsaal ist ihr Musikverlag untergebracht, in dem sie vor allem seltene und zu Unrecht vergessene Werke herausgeben.

Und darum handelt es sich bei den Werken von Joseph Woelfl ganz gewiss. Wenn Margit Haider-Dechant und ihr Mann über Woelfl reden, dann können sie ihre Begeisterung über die Musik des Zeitgenossen von Haydn, Mozart und Beethoven, mit dem er sich einmal in einem „Piano-Duell“ maß, nicht verbergen. Man merkt schnell: das ist ein Lebensthema für die beiden Musiker, auch wenn Hermann Dechant zugibt: „Am Anfang war ich sehr skeptisch.“ Jetzt haben sie sich jedoch voll und ganz der Musik des 1773 in Salzburg geborenen Woelfl verschrieben. Doch während die drei Wiener Klassiker in aller Munde sind, wird von Woelfls Schaffen gemeinhin kaum Notiz genommen. „Die Musikwissenschaft hat aber erkannt, dass man dieses Kapitel der Musikgeschichte neu schreiben muss“, sagt Haider-Dechant überzeugt.

Untermauert hat sie dies mit einem umfangreichen Werkverzeichnis, das auf mehreren Hundert Seiten die Werke des noch von Zeitgenossen in einem Atemzug mit Beethoven oder Mozart genannten Woelfl auflistet. Die Manuskripte von Woelfl sind derzeit in aller Welt verstreut, allein in der Library of Congress sollen noch 43 Sonaten liegen. „Ich muss über 1000 Bibliotheken anschreiben“, so Haider-Dechant.

Da haben sie noch einiges vor sich. Zu diesem Zweck gibt es auch eine internationale Woelfl-Gesellschaft, die als Herausgeberin der Werkausgabe des 1812 in London verstorbenen Musikers firmiert, und die Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn, die das Woelfl-Haus betreibt. Auch an die Zukunft haben sie gedacht: Beim Umbau wurde bereits dafür vorgesorgt, dass überall Arbeitsplätze für Wissenschaftler und Musiker eingerichtet werden können, die sich dann der Aufarbeitung der Werke widmen sollen.

Derzeit wird noch an einigen Ecken Hand angelegt, umgeräumt und vorbereitet. Denn der große Tag rückt immer näher: Am 4. September wird das Woelfl-Haus offiziell eröffnet, mit dem renommierten Pianisten Gerhard Oppitz. Selbst der Beethoven-Spezialist Oppitz ist begeistert von dieser Musik und hat eigens für diesen Anlass eine der gewichtigsten Klaviersonaten Woelfls einstudiert. Und dann wird auch ein Porträt enthüllt, das eine Wiener Malerin nach einem zeitgenössischen Vorbild erst kürzlich in Lebensgröße von Woelfl rekonstruiert hat.

Infos im Internet: www.josephwoelfl.org

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