Beethovenfest in Bonn "Les Siècles" bieten grandiosen Höllenritt

Bonn · François-Xavier Roth und sein Orchester „Les Siècles“ überzeugten mit Hector Berlioz' „La damnation de Faust“ beim Beethovenfest.

 François-Xavier Roth dirigiert „Les Siècles“.

François-Xavier Roth dirigiert „Les Siècles“.

Foto: Barbara Frommann

Es ist, als hätte Hector Berlioz Thomas Manns Rede „Deutschland und die Deutschen“ von 1945 gelesen. Damals, unmittelbar nach dem verheerenden Krieg, bemerkte der Schriftsteller: „Soll Faust der Repräsentant der deutschen Seele sein, so müsste er musikalisch sein; denn abstrakt und mythisch, das heißt musikalisch, ist das Verhältnis der Deutschen zur Welt.“ Tatsächlich hat den französischen Komponisten Goethes Faust-Dichtung nie losgelassen, er veröffentlichte als junger Mann acht Faust-Szenen als sein Opus 1, und etwas mehr als anderthalb Jahrzehnte später ging er mit seiner monumentalen, zwischen Oratorium und Oper changierenden musikalischen Aneignung „La damnation de Faust“ an die Öffentlichkeit.

Wie musikalisch nun Fausts Verhältnis zur Welt auch durch die französische Brille ist, konnte man beim gut besuchten Gastspiel des Originalklang-Orchesters „Les Siècles“ im WCCB erleben, das zusammen mit dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brno und einem handverlesenen Solistenquartett eine großartige Aufführung des Werkes präsentierte. Dirigent des fulminanten Abends war „Les Siècles“-Gründer François-Xavier Roth, der im Rheinland freilich sonst eher als Kölner Gürzenich-Kapellmeister in Erscheinung tritt. Man ist geneigt festzustellen, dass sich Fausts Seele vor allem im Melos ausdrückt. Wunderbar, mit welcher Zartheit die vibratolosen Bratschen den ersten Auftritt Fausts vorbereiteten, die vom Faust-Interpreten Bryan Register in schönster Kantabilität fortgeführt wurde.

Schon hier wundert man sich, dass dieses Werk nicht häufiger im Konzertsaal und auf den Opernbühnen zu erleben ist. Im weiteren Verlauf kann man sich an der überbordenden musikalischen Fantasie des Werks erfreuen, an dem knalligen Rákóczi-Marsch, dem musikalisch kontrollierten Gegröle der Betrunkenen in Auerbachs Weinkeller, dem zauberhaften Sylphentanz, Gretchens Ballade vom König in Thule und natürlich an dem mit wildem Feuer dargebotenen, effektvollen Höllenritt. Roth weiß die klanglichen Möglichkeiten seines Ensembles in solchen Szenen beeindruckend in Szene zu setzen (der Höllenritt klang wie in einer Achterbahn komponiert) und kann sich auf die virtuose Meisterschaft eines jeden seiner Musiker verlassen.

Neben Bryan Register in der Titelpartie – dessen schöne Stimme ihm leider in der Arie im dritten teil kurz den Gehorsam versagte – waren dies Anna Caterina Antonacci mit mezzogefärbtem, emotional endringlichem Sopran und Kyle Ketelsen als großartig sinisterer Mephistophélès. Den Brandner sang Bassist Thibault de Damas. Der von Petr Fiala einstudierte Chor absolvierte seinen anspruchsvollen Part klangvoll und souverän. Das Publikum war sehr begeistert. Gesehen wurde im Saal auch Kölns Opernintendantin Birgit Meyer. Wer weiß, vielleicht gibt's ja „La damnation de Faust“ irgendwann auf Kölns Opernbühne.

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