Neue Ausstellung Kontemplative Sinnlichkeit

Remangen-Rolandseck · Im Arp Museum Rolandseck beginnt das Ausstellungsjahr mit den Farbkissen von Gotthard Graubner. Fünf Jahre nach dem Tod des Künstlers schließt sich hier ein Kreis.

Das Arp Museum schwelgt in Farbe. Gotthard Graubner (1930-2013), wichtiger Pionier abstrakter Malerei in Deutschland, ist mit seinen Farbraumkörpern zu Gast und wie sich zeigt, ist die helle, großzügige Architektur von Richard Meier eine wunderbarere Gastgeberin. Von einem Farbrausch zu sprechen wäre angesichts der großformatigen, mit Farben getränkten kissenartigen Arbeiten sicher nicht verkehrt, aber Kuratorin Jutta Mattern weist zu Recht darauf hin, dass Graubners Bilder das Gemüt eher auf eine kontemplative als auf eine rauschhafte Art ansprechen.

Nicht der wilde Gestus expressiver Malerei liegt diesen Bildern zugrunde sondern ein langsamer, meditativer Prozess, in dem der Künstler mit seinem Wissen über das Verhalten der Farben arbeitet und ihnen zugleich alle Freiheiten lässt.

Graubner war zwei Mal auf der documenta in Kassel vertreten, bespielte 1982 den deutschen Pavillon der Biennale in Venedig und arbeitete später von der naturgeprägten Umgebung der Insel Hombroich aus. Dem Künstlerbahnhof Rolandseck sowie dem Werk von Hans Arp und Sophie-Taeuber-Arp war Graubner seit den 1970er Jahren eng verbunden und so scheint es, dass sich hier, mit der ersten größeren Einzelausstellung fünf Jahre nach seinem Tod, ein Kreis schließt.

Der Titel „Mit den Bildern atmen“ verweist auf die sehr präsente Körperlichkeit der Werke, die pulsieren, schwingen und ihr Gegenüber direkt ansprechen. Zur physischen Konstruktion der Werke gehört ein mit Nesselstoff bespannter Keilrahmen, der mit synthetischer Watte gepolstert und dann erneut überspannt wird. Hierauf kommt die verdünnte Ölfarbe in verschiedenen Nuancen und vielen Schichten. Sie tränkt den vorbereiteten Leib, sucht sich ihre Bahnen und wirkt daher nicht nur an der Oberfläche sondern aus dem Inneren des Bildkörpers heraus. Zieht man Mark Rothko als Vergleich hinzu, lässt sich durchaus eine ähnliche meditative Wirkung des Farbraums erkennen. Aber während Rothko letztlich immer eine vergeistigte Körperlichkeit zelebriert, betont Graubner die stoffliche Qualität seiner Werke und spricht damit auch andere Erfahrungen beim Betrachter an.

An dieser Stelle sei auch der außergewöhnlich schöne Katalog erwähnt, dessen mattes Papier und hervorragende Abbildungen wie eine haptische Hommage an Graubner wirken. Die frühe Palette des Künstlers ist eher von Braun -, Grau-, Grün- und Schwarztönen geprägt und steigert sich dann später, wie im Triptychon „Venezia“ von 1982, aus dem kraftvoll das Grün, Pink und Orange leuchtet.

Neben Graubners objekthaften Farbraumkörpern und einigen grafischen Arbeiten, hat Jutta Mattern aber noch einen speziellen Trumpf in dieser Ausstellung ausgespielt. Es handelt sich um zehn Schwarz-Weiß-Fotografien aus der Sammlung des Hauses, die Gotthard Graubner während einer Reise 1976 nach Bhutan aufgenommen hatte. Die Fotos zeigen Mönche in einem buddhistischen Kloster während ritueller Tänze. Hinzu kommen sechs Objekte aus dem Kontext des Buddhismus, darunter Zimbeln und eine Mönchsrobe, die eine spirituelle Verbindung zwischen Graubner und fernöstlichem Gedankengut herstellen und ihn auch zu einigen Arbeiten inspirierten. Verbrämte Esoterik ist aber gottlob weit und breit nicht zu spüren, bei Graubner nicht und auch nicht in der Ausstellung. Stattdessen einfach eine wache Neugier und kritisches Interesse.

Unter diesen Vorzeichen darf man dann auch das Grafikkabinett des Arp Museums besuchen und sich zu einem interessanten „Rendez-vous des amis“ hinzugesellen. Hier geht es um die intensive Künstlerfreundschaft zwischen Hans Arp und Kurt Schwitters, die sich 1918 erstmals im Berliner Café des Westens begegnen. Kuratorin Astrid von Asten ist es gelungen, die Begegnung der Freunde, wozu auch unbedingt Sophie Taeuber-Arp gehörte, packend zu erzählen. Wie der Dadaist Hans Arp und der Merz-Begründer Kurt Schwitters auf die Realität nach dem ersten Weltkrieg reagieren, wie sie durch das neue Medium der Collage mit dem etablierten Kunstbegriff brechen und sich immer wieder, mit Witz, Humor und Ironie, in ihren Arbeiten aufeinander beziehen und ihre künstlerische Verwandtschaft betonen. Gerade das erscheint, bezogen auf die zeitgenössische Kunst, in der die alleinige Urheberschaft bisweilen zum Fetisch geworden ist, als ungeheuerliches Konzept.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, Remagen, Eröffnung beider Ausstellungen am 18. Februar um 11 Uhr, Di-So und an Feiertagen 11-18 Uhr, Katalog Verlag Walther König, 29,80 Euro. Am Eröffnungstag freier Eintritt, kostenlose Führungen und Workshops.

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