Romantik und Akrobatik Katy Perry begeistert das Publikum in Köln

Köln · Ein atemberaubender Ritt durch einen knallbunten Kosmos: Katy Perry eröffnet ihre Europa-Tour vor 15.000 Menschen in der Lanxess-Arena in Köln.

 Fingerzeig: Katy Perry in der Lanxess-Arena.

Fingerzeig: Katy Perry in der Lanxess-Arena.

Foto: Thomas Brill

Die Zeiten, in denen sie Mädchen küsste und Taylor Swift disste, sind vorbei. Dafür hat sie jüngst Meghan Markles Hochzeitskleid bemäkelt – und ihre Tour durch Europa mit einem sehr, sehr schönen Konzert in Köln eröffnet. 15.000 Menschen erleben am Mittwoch in der Kölner Arena Katy Perrys Europatour-Auftakt als ein mit überbordender Fantasie inszeniertes Konzertschauspiel in sechs Akten. Es hat Klasse. Weil es Komik, Romantik und Akrobatik unter einen Hut bringt. Weil es mit spektakulären Momenten, skurrilen Bühnenbildern und immer neuen Gimmicks aufwartet. Und weil das, was man genussvoll sieht, hört und erlebt, darüber hinaus auch noch Hand und Fuß hat. Es gibt ein Konzept.

„Witness“, der Titel des Anfang Juni 2017 erschienenen Albums, steht Pate für eine zweistündige Show, die auf sechs Kontinenten zu sehen sein wird. „Witnesses“, Zeugen, sind Beobachter. Werden hier aber auch beobachtet: von der Nahaufnahme eines Auges auf der Leinwand, dessen Pupille sich stetig weitet und wieder verengt. Die Pigmentzellen der Iris sehen aus wie Pelz, innen gelb, weiter außen weiß und grau. So beginnt das Konzert – und es endet mit Luftballons in Form von Augäpfeln. Dazwischen legt Perry Zeugnis über ihren Werdegang ab.

Es wird ein atemberaubender Ritt durch den knallbunten Perryschen Kosmos. In den sie, durch wild bewegte Galaxien, in einem Sternentransporter einschwebt. Gewandet in ein gold schimmerndes Kostüm, das aussieht wie eine Kreuzung aus Jeanne d'Arc'scher Armierung und retrospektiver Anleihe bei Modeschöpfer Jean Paul Gaultier. Bei „Roulette“ vom neuen Album wird die Bühne, mit sich drehender Scheibe und gigantischen Würfeln, zum Spielcasino. Am Ende des Stegs, der sich quer durch den Innenraum schlängelt, wirft die jetzt kurzhaarige Sängerin dramatisch die Sonnenbrille ab. Retrospektiv blinken die Worte „Hot“ und „Cold“ von ihrem Bustier, auch das Mädchen-Küssen wird in diesem Teil zitiert, umarrangiert.

Bunt, schrill, Katy Perry

Am Ende taucht die Sängerin in einem XXL-Mund ab. Die „California Gurls“ goutieren Kassetten (wer weiß heute noch, was das ist?) und Cocktails, im komischen Teil duelliert sich Perry mit einem blauen Plüschhai, wobei die „Waffe“ ein Piano ist, das am Boden liegt und mit den Füßen gespielt wird. Wer gewinnt da wohl? Zu den traumhaftesten Momenten zählt, wenn zu „Wide Awake“ wie Lampions leuchtende Planeten im Raum schweben, derweil die Sängerin dazwischen auf einer Saturnscheibe dahingleitet und auf den Rängen die Taschenlampen der Handys wie Sterne aufblinken. Oder wenn die Hallendecke bei „Pendulum“ zur Aufhängung für ein Mobile aus Uhren wird, von denen eine ihr als Fundament für das berührend gesungene Stück dient.

Sicher, einiges könnte man auch lächerlich finden. Wie die Berieselung der Protagonistin mit Glimmer aus überdimensionierten Salz- und Pfefferstreuern („Bon Appétit“). Den Stangentanz am Rosenstil, den Perry nur andeutet, um ihn dann einem Akrobaten zu überlassen („Déja vu“). Oder die von Latex in Pink, Gelb und Orange dominierten Kostüme der Tänzerinnen, die Herzen, Fernseher und eine Art quietschgelbe Glühlampe auf ihren Köpfen tragen müssen, wobei sie wie Zeichentrickfiguren agieren. Aber auch die Übertreibung, das Surreale, das Comicartige gehören dazu. Zu diesem Künstlerleben, dessen Zeugen wir werden durften.

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