Klarheit findet die Band öde Kölner Band "Erdmöbel" wirft mit neuem Album Fragen auf

Köln · Die Kölner Band Erdmöbel wirft mit dem neuen Album „Hinweise zum Gebrauch“ Fragen auf. Es lohnt, sich darauf einzulassen.

 „Wir sind sehr zufrieden und haben viel Neues ausprobiert“: Die Band Erdmöbel. FOTO: MATTHIAS SANDMANN

„Wir sind sehr zufrieden und haben viel Neues ausprobiert“: Die Band Erdmöbel. FOTO: MATTHIAS SANDMANN

Foto: Matthias Sandmann

Es wirkt schon ein wenig befremdlich, das Cover des neuen Albums von Erdmöbel aus Köln: In Hochglanzoptik lächelt einem darauf Amerikas Ex-Präsident Barack Obama entgegen. Zumindest ein Teil von ihm, denn das Porträt ist angeschnitten. Im Hintergrund hängt schlaff die amerikanische Flagge, davor prangt in schnörkellosen Buchstaben der Bandname. Auf der spärlich gestalteten Rückseite findet sich schließlich der scheinbar nicht so recht zum Design passende Name des Werks. „Hinweise zum Gebrauch“ heißt das Album, das am vergangenen Freitag veröffentlicht wurde und das Fragen aufwirft.

Als wäre der erste optische Eindruck nicht schon bizarr genug, fragt die beiliegende Pressemitteilung: „Dürfen wir Sie einen Moment lang verwirren?“ Noch mehr? Bitte nicht. Und dann tun sie es doch, denn schon die ersten rätselhaften Sekunden des Albums ziehen den Hörer in ihren Bann. Mit sanfter, aber kraftvoller Stimme umreißt Sänger und Texter Markus Berges im Opener „Ich bleibe jung“ schemenhaft eine Szene, in der es um das Erwachsenwerden und Fremdbestimmung geht. Dazu wohlgefällige, handgemachte Popmusik. Ehe man sich versieht, hängt man am Fliegenfänger, will mehr hören und hat sich aller ersten Eindrücke zum Trotz auf das Verwirrspiel der Kölner eingelassen.

Cover löst Diskussionen aus

Da ist zum Beispiel „Hoffnungsmaschine“, ein Duett mit Judith Holofernes von Wir sind Helden. Federleicht, verträumt und ein bisschen naiv wird hier zweistimmig zu Reggae-Rhythmen gesungen. Weiter geht es mit dem hypnotischen „Tutorial“. Das Lied beschäftigt sich acht Minuten lang mit dem Phänomen von Erklärvideos im Internet.

Nach sechs weiteren Titeln und dem Track „Barack Obama“ ist Schluss. Was bleibt, sind ein gutes Gefühl und eine Menge Fragen, da sich Berges in seinen philosophischen und poetischen Zeilen die meiste Zeit um Unklarheit bemüht. Zum Beispiel fragt man sich, warum es im letztgenannten Stück textlich um den verstorbenen Sänger Al Jarreau geht und nicht, wie sich vermuten lässt, um den ehemaligen US-Präsidenten – und was dieser dann überhaupt auf dem Cover zu suchen hat.

„Wir haben uns lange darum gestritten, ob wir das Bild von Barack Obama auf unsere Platte drucken sollen“, erklären Bassist Ekki Maas und Markus Berges. Am Ende habe man sich für das Cover entschieden, weil den Bandmitgliedern gefallen habe, wie schon im kleinen Kreis darüber diskutiert wurde. „Außerdem fanden wir das Bild irgendwie schön.“

Eine politische Band seien sie aber nicht, sagen die Musiker. Deshalb gehe es in dem zum Cover passenden Song auch um Al Jarreau und nicht um Obama. „Wobei der Kern des Liedtextes eine leicht veränderte Pressemitteilung ist, in der auf seltsame Weise hervorgehoben wird, dass der mehrfache Grammy-Gewinner kurz vor seinem Tod noch Gast im Weißen Haus war. Das fanden wir interessant.“

Kein Interesse an inhaltlicher Klarheit

Inhaltliche Klarheit wollen sie aber nicht so recht schaffen. „Wer nach Klarheit sucht, für den ist das Album nichts“, sagen die Musiker. „Klarheit ist öde und keine gesellschaftliche Realität.“ Unter diesem Motto ist „Hinweise zum Gebrauch“ schließlich im bandeigenen Studio am Eigelstein entstanden, wo schon Birth Control und BAP aufgenommen haben. Anderthalb Jahre hat die Produktion gedauert. Im Jahr des 25. Geburtstags von Erdmöbel geht das Album jetzt an den Start. „Wir sind sehr zufrieden und haben viel Neues ausprobiert“, so Maas, „zum Beispiel im Bereich Rhythmus.“

Und so präsentieren Ermöbel auf ihrem neuen Album kryptische Texte mit Köpfchen, einschmeichelnd gesungen und eingebettet in eingängige Kompositionen. Wer handgemachten, deutschsprachigen Philosophen-Pop mag und sich nicht daran stört, am Ende ein wenig durcheinander zu sein, kann also ruhigen Gewissens den auf den ersten Blick wenig hilfreichen „Hinweisen zum Gebrauch“ lauschen.

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