Nachruf Jaki Liebezeit mit 78 Jahren gestorben

Köln · Der legendäre Can-Schlagzeuger war ein Meister der Monotonie. Auch mit Helmut Zerlett spielte er in einer Band.

Er war der Meister der Monotonie. Kein Schlagzeuger hat die repetitive Spielweise so sehr kultiviert wie Jaki Liebezeit. Der Drummer der Kölner Avantgarde-Rockband Can ist mit dieser groovenden Gleichförmigkeit zu internationalem Ruhm gelangt. Zahllose Musiker holten ihn ins Studio oder auf die Bühne, viele berufen sich auf ihn. Jetzt ist Jaki Liebezeit im Alter von 78 Jahren an einer Lungenentzündung gestorben, wie die Gruppe Can mitteilte.

Geboren 1938 in Dresden, wurde Liebezeit durch den Jazz geprägt. In den 60er Jahren spielte er Free Jazz und arbeitete mit dem Manfred-Schoof-Quintett. Dann wagte er den Bruch, suchte nach neuen musikalischen Wegen und fand sie schließlich auch. 1968 gründete er in Köln mit den Stockhausen-Schülern Irmin Schmidt (Keyboard) und Holger Czukay (Bass) sowie dem Beatgitarristen Michael Karoli die Gruppe Can, die zum gesellschaftlichen Umbruch jener Tage passte. Can kreuzte verschiedenste Stile, vom Rock über Jazz bis zur Weltmusik; früh experimentierte man mit elektronischen Elementen. Das Quartett komponierte spontan im Zusammenspiel in endlosen Sessions, zunächst auf Schloss Nörvenich, später im eigenen Studio in Weilerswist. Die Bänder wurden danach geschnitten und zu Songs zusammengesetzt.

Heraus kamen Meisterwerke wie „Tago Mago“ oder „Future Days“ sowie Charterfolge („Spoon“). Die Montage war ein wesentlicher Bestandteil von Can: „Jaki wurde fuchsteufelswild, wenn wir dabei den Groove zerstörten“, sagte Irmin Schmidt 2012 im Gespräch mit dieser Zeitung. Liebezeits reduziertes, treibendes Spiel war ein Markenzeichen der Band. Er spiele wie eine Maschine, nur eben besser, befand Holger Czukay einmal. Can gilt heute noch als einflussreich und als Inspirationsquelle für Gruppen wie Radiohead oder Sonic Youth.

Ab 1979 gingen die Can-Musiker getrennte Wege, blieben aber über verschiedene Projekte verbunden – meist mit Liebezeit am Schlagzeug. Dieser hatte mit der Phantomband (unter anderem mit Helmut Zerlett) in den 80ern eine neue Gruppe, war aber auch gefragter Gastmusiker. Die Liste derer, für die er trommelte, ist lang. Sie reicht von Michael Rother („Flammende Herzen“) bis Depeche Mode („Ultra“). Auch in den letzten Jahren zeigte sich Liebezeit aufgeschlossen für Neues. So arbeitete er mit Burnt Friedman und Robert Coyne in zwei völlig konträren Projekten. Im Frühjahr sollte Liebezeit in London an einem Konzert zum 50. Can-Geburtstag mitwirken. Dass er am Schlagzeug ersetzt wird? Undenkbar.

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