"Heut werd ich mich besaufen" Heute Abend: Lola Blau im Kleinen Theater in Godesberg

Bonn · Georg Kreislers hintergründiges Minimusical „Heute Abend: Lola Blau“ im Kleinen Theater Bad Godesberg beleuchtet das Schicksal der jüdischen Sängerin Lola Blau

 Vielseitige Lola: Atischeh Hannah Braun.

Vielseitige Lola: Atischeh Hannah Braun.

Foto: Promo

Am Anfang reimt sich auf „Ende gut, vorne gut“ noch „Hollywood“. Die Hoffnungen fliegen hoch. Doch ganz bald sieht es überhaupt nicht mehr danach aus. Denn gleich das erste Engagement der jungen Schauspielerin Lola Blau im österreichischen Linz wird kurz vor Antritt vom Theater gekündigt. Es ist die Zeit nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlers Nazireich, und da passt eine jüdische Aktrice nicht ins Ensemble. Mit perfider Gründlichkeit kündigt Lolas Vermieter ihr auch noch das Zimmer.

Der grandiose Chansonnier, Kabarettist, begnadete Dichter und Musiker Georg Kreisler (1922-2011) lässt mit dieser Situation sein Minimusical „Heute Abend: Lola Blau“ beginnen, eine anspruchsvolle, mit wunderbaren Texten angereicherte Zeitskizze. 1971 schrieb er seine „Lola“, der Stoff aber ist aktuell wie eh und je. Das Kleine Theater Bad Godesberg hat ihn in sein feines Sommer-Gastspiel-Special aufgenommen und mit Atischeh Hannah Braun als Lola die perfekte Interpretin engagiert. Schön intoniert und mit beeindruckender Bühnenpräsenz singt sie Kreislers „Was man alles alles sagen könnte, /wenn man sagen könnte, was man sagen könnte, /wenn man wissen dürfte, dass schon alle wissen, /was man sagen könnte oder zeigen!“ Ein Chanson über die Verlogenheit in Nazi-Österreich .

Eine temporeiche Nummer reiht sich an die nächste, Kreislers Sarkasmus und Ironie, seine tolle Beobachtungsgabe und sein musikalisches Feingefühl schlagen Purzelbäume. Braun agiert mit unglaublicher Verve, sekundiert von Helmut Büchel, der im fliegenden Wechsel die Männerrollen spielt und allerlei Geräusche beisteuert, und dem überragenden Pianisten Klaus-Lothar Peters, der sich mit „Sie ist ein herrliches Weib“ auch sängerisch profiliert. Dieses Weib kann weder kochen noch singen und tanzen, weder lesen noch denken – ist aber eben einfach herrlich.

Lieder von der Liebe und der Flucht

Braun singt von der Liebe und von der Flucht, die Lola über Basel nach New York und von dort schließlich nach Hollywood bringt. Doch am Glamour von Hollywood zerbricht sie, die mit „Sex Is A Wonderful Habit“ – einer Hymne auf das Vergnügen, das die Welt und die Menschen zusammenhält – auf der Bühne steht. Und dort im Alkoholrausch zusammenbricht. „Heut werd ich mich besaufen, / heut werd ich mich beschwipsen, / heut werd ich mich antschechern / im allerbesten Stil!“, singt sie. Lola zieht es nach der Kapitulation der Nazis wieder nach Wien – wo es von Ewiggestrigen nur so wimmelt. Kreislers „Frau Schmidt“ charakterisiert bitterböse den Typus der Opportunistin, und Atischeh Hannah Braun interpretiert den Song herrlich bissig: „Frau Schmidt kann im Grunde nichts dafür. Das halbe Volk steht hinter ihr.“

Das begeisterte Publikum im fast ausverkauften Kleinen Theater erklatschte sich noch eine Zugabe: Kreislers tolles Männer-Bashing von 1965, „Die Wahrheit vertragen sie nicht“: „Man muss den Männern sagen, dass sie klug sind, / denn darauf legen sie sehr viel Gewicht (...) Wenn er ein Lump ist, nenn' ihn moralisch, / wenn er nen' Bauch hat, sag du findest's animalisch.“

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